Hildebrandt, Friedrich Wilhelm
geb. 28.10.1811 Eilsdorf/Huy,
gest. 21.12.1893 Magdeburg,
evangelischer Theologe, Superintendent.

Der Sohn eines Predigers besuchte das Gymnasium in Halberstadt und erwarb hier das Abitur. 1831–35 studierte H. in Halle evangelische Theologie und hörte Vorlesungen u. a. bei Julius Wegscheider und August Tholuck. Mit seinen “hervorragend” bestandenen Examina empfahl er sich für die öffentliche Schularbeit sowie für das Predigeramt, für das er sich 1834 erstmalig bewarb. 1835–1837 besuchte H. das Predigerseminar in Wittenberg, wurde 1838 vom Generalsuperintendenten Bernhard Dräseke ordiniert und in Halle an St. Ulrich zum Subdiakon gewählt. Nach dem Tod des konservativen Predigers Karl August Reinhardt 1845 bat das Kirchenkollegium von St. Jakobi in Magdeburg um die Berufung H.s, der zu dieser Zeit in gemäßigter Weise einzelne Forderungen Leberecht Uhlichs und der Freien Gemeinde unterstützte. Konservative Kreise versuchten, dies zu verhindern, und lancierten u. a. eine Petition mit gefälschten Unterschriften an das Konsistorium. Dieses zögerte daraufhin die Zustimmung zur Berufung des rationalistisch ausgerichteten Diakons H. ein Jahr lang hinaus, was die Bürgerschaft zusätzlich reizte und die damaligen kirchlich-gesellschaftlichen Spannungen in Magdeburg kennzeichnete. 1847 wurde H. dennoch in das Magdeburger Amt eingeführt und 1876 als Nachfolger Karl Erlers zum Superintendenten der Ephorie Magdeburg gewählt. Als solcher predigte H. nicht wie üblich im Dom, sondern weiter bei St. Jakobi. H. vertrat in kirchlichen Fragen eine liberale Haltung, was ihm bereits 1847 in Halle Beobachtungen und Verweise aufgrund eines mit dem Hallenser Domprediger Neuenhaus ausgetragenen öffentlichen Disputs um den Taufritus eintrug. 1854 führte eine anläßlich einer Kirchenvisitation gehaltene Predigt zu amtlichen Untersuchungen gegen H. seitens des Konsistoriums und der Polizei in Magdeburg. H. erwarb sich als Kirchenvertreter hohe Anerkennung in der Stadt Magdeburg und in seiner Gemeinde. 1846 erschien bei Wilhelm von Heinrichshofen in Magdeburg seine Schrift “Kirchenjahr des Täufers”, ein noch 40 Jahre später viel gelesenes Religionsbuch. Mit seinen kraftvollen Predigten galt H. bis ins hohe Alter als begabter Redner. Mit Interesse verfolgte er die Bürgerversammlung und war mehrmals als Wahlvorsteher in seiner Gemeinde tätig. Er begründete 1868 den Magdeburger Bezirksverein der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, stand diesem 25 Jahre vor und beförderte dessen Entwicklung. In der Magdeburger Loge “Harpokrates” 1849 affiliiert, wirkte er dort in der Nachfolge  Heinrich Ernst Sachses 1851–57 als Meister vom Stuhl. Gemeinsam mit Friedrich August Klusemann gehörte H. 1856 zu den Mitunterzeichnern des öffentlichen Briefes an Generalsuperintendent Johann Friedrich Moeller, der die seitens führender evangelischer Theologen erhobenen Vorwürfe gegen die Verbindung von Predigeramt und Freimaurerei abwies und die Position der Magdeburger evangelischen Pfarrer im Freimaurerbund deutlich machte. 1888 trat er in den Ruhestand, arbeitete als Redakteur der Gemeindeberichte von St. Jakobi und versuchte sich 1890 mit “Joab” an einem viel beachteten literarischen Trauerspiel. Die Jakobi-Gemeinde gedachte H.s mit einen Festgottesdienst. Die Grabrede hielt sein Nachfolger an St. Jakobi, der später als Prediger und Schriftsteller bekannt gewordene Karl Storch.

Werke: Einer von den Gevattersleuten an Domprediger N., 1847; Fruchtkörner aus dem Vorrathe der Kirche Christi. Sechs Predigten, Magdeburg, 1850; Der Strom der evangelischen Wahrheit. Predigt im Gottesdienste des Gustav-Adolph-Vereins, 1852.

Literatur: Nachrufe, in: Magdeburgische Zeitung vom 22.12.1893 und vom 27.12.1893; Albert Wolter, Geschichte der Stadt Magdeburg, 1901; Hermann Hoppe, Geschichte der Johannis-Freimaurer-Loge Harpokrates … von 1826–1901, 1901 (*B).

Archivalien: AKPS: Rep A, Spec. P, H 201 (PA).

Heike Kriewald

letzte Änderung: 09.02.2005