Sachse, Heinrich
Ernst Friedrich Franz Alexander |
Der Sohn des Carl Ernst S., Inspektor der Ritterakademie zu Lüneburg, erfuhr an dieser Schule eine fundierte Ausbildung, besuchte nach dem Tod des Vaters ab 1826 das Gymnasium in Aschersleben und legte hier 1831 das Abitur ab. 1833–36 studierte S. in Halle evangelische Theologie, hörte u. a. Vorlesungen bei den Professoren Wegscheider, Gesenius und Tholuck, in dessen Hause er häufiger Gast war. Ab 1838 bewarb sich S. mehrmals um ein Pfarramt in der Kirchenprovinz Sachsen, wurde aber abgelehnt, da er bereits in Halle ab 1836 Kontakte zu verbotenen Gruppierungen unterhielt. Über das Predigerseminar im königlichen Lyzeum Merseburg sowie Predigerdienste in Aschersleben und Querfurt erwarb er weitere Zeugnisse und Referenzen. 1839–41 konnte S. als Probekandidat an der höheren Bürgerschule in Aschersleben unterrichten. 1841 erfolgte seine Ordination als Prediger in der dortigen Kirche St. Stephani. Superintendent Johann Friedrich Moeller berief S. 1846 in der Nachfolge Leberecht Uhlichs als Diakon der St. Katharinen-Kirche nach Magdeburg. 1848 war S. Angriffen, Mißbilligungen, Verfolgungen und Verboten wegen der Verbreitung der Ideen Uhlichs ausgesetzt, mit dem er sympathisierte und zu dessen Freier Gemeinde er 1850 übertrat. Nach Schließung und Verbot der Freien Gemeinde in Magdeburg 1854 schied S. als Prediger aus und trat 1855 als Teilhaber in das Geschäft der Gebrüder Schatz in Magdeburg ein, das er 1860 aufgab, um in Aschersleben erneut gewerblich tätig zu werden. Ende der 1860er Jahre beendete S. das bis dahin erfolglose kaufmännische Wirken und folgte einem Ruf als Redakteur an die Berliner Volkszeitung. 1872 hielt er in Magdeburg die Gedenkrede an Uhlichs Grab. Ab 1875 nahm S. die Geschäfte der Magdeburger Freien Gemeinde von Berlin aus wahr und trat 1876 in Magdeburg erneut das Amt des Predigers an. Der Kirchenreformer S. wurde an der Seite Uhlichs maßgeblicher Wegbereiter der oppositionellen freireligiösen Bewegung in Magdeburg. Er begleitete und konstituierte die Freien Gemeinden der Umgebung mit, u. a. in Buckau, Schönebeck, Calbe, Burg, Genthin, Aschersleben, Stendal und Bernburg. In seinen Ansichten wesentlich radikaler als Uhlich, regte S. mit seinen Predigten immer wieder Debatten innerhalb der Freien Gemeinden um das neue Glaubensbekenntnis bzw. seine Ausübung an. S. gehörte in der Revolution von 1848/49 mit Friedrich Pax zum Kern des demokratisch-aktionistischen Flügels innerhalb der Magdeburger Oppositionsbewegung. 1848 verfaßte er einen offenen Brief an das Konsistorium zur Kirchenreform und zu den Auseinandersetzungen in Magdeburg, der als Angriff und gesetzwidrige, unsittliche Auflösung zurückgewiesen wurde, ihm aber öffentlich viel Zuspruch eintrug. S. war Mitglied der Magdeburger Loge “Harpokrates” und hatte von 1848 bis 1851 das Amt des Meisters vom Stuhl inne. Bei der Neuwahl für das Meisteramt 1850, die zugunsten S.s ausfiel, intervenierte die Berliner Großloge, die gegen S. Bedenken hegte und ihn aufforderte, sich von allen politischen Vereinen zurückzuziehen. S. lehnte ab und übergab das Meisteramt an den Pfarrer von St. Jakobi Friedrich Wilhelm Hildebrandt. S. saß in den 1860er Jahren als Stadtverordneter im Parlament von Aschersleben und war zeitweilig Stadtverordnetenvorsteher. Die Entwicklungen in der Fortschrittspartei und ihr Einwirkung auf die Gestaltung der Zeitungsinhalte der Berliner Volkszeitung ließen ihn Anfang der 1870er Jahre aus Politik und Arbeitsleben Abschied nehmen. Er blieb Mitglied der Fortschrittspartei und wurde in Magdeburg zum Ehrenmitglied ernannt.
Werke: Einweihungsfeier des Hauses der freien christlichen Gemeinde in Magdeburg, 1851 (mit Leberecht Uhlich); Rede am Grabe von Leberecht Uhlich, 1872.
Literatur: Nachruf, in: Magdeburgische Zeitung, Abend-Ausgabe vom 23.07.1883; Hermann Hoppe, Geschichte der Johannis-Freimaurer-Loge Harpokrates im Orient zu Magdeburg von 1826–1901, 1901.
Archivalien: AKPS: Rep A, Spec. P, S 320 (PA).
Heike Kriewald