Pax, Friedrich
Wilhelm, Prof. |
P. war zwischen 1808 und 1816 Schüler am Domgymnasium und ein Jahr am Pädagogium Kloster Unser Lieben Frauen in Magdeburg, ehe er nach einjährigem Militärdienst 1820–24 in Berlin und Halle studierte. 1825 erhielt er eine Stelle als Lehrer am Pädagogium des Klosters Unser Lieben Frauen Magdeburg und wechselte 1827 an das Domgymnasium Magdeburg, wo er 1834 zum Oberlehrer und 1839 zum Professor berufen wurde. P. gehörte zu den Initiatoren der sich am 29.06.1841 in Gnadau bei Schönebeck formierenden religiösen Oppositionsbewegung der Protestantischen Freunde unter Führung Leberecht Uhlichs, die schon bald im Volksmund aufgrund ihrer klaren rationalistischen Ausrichtung “Lichtfreunde” genannt wurden. Als Festredner auf der 1000-Jahr-Feier des Vertrages von Verdun 1843 in Magdeburg machte P. seine nationalliberale Einstellung öffentlich und forderte die staatliche Einigung Deutschlands. Als im Februar 1843 vom Buchhändler Eugen Fabricius das liberale Magdeburger Wochenblatt für Angelegenheiten des bürgerlichen Lebens herausgegeben wurde, gehörte P. ebenso zu dessen Förderern und Autoren, wie er im August 1844 zu den Mitbegründern der Bürgerversammlung in Magdeburg zählte. Daß die Bürgerversammlung in Magdeburg sich rasch als Kristallisationspunkt der antifeudalen Opposition in der Stadt etablieren konnte, gehörte ebenso zu den Verdiensten von P. wie deren Verbreitung in fast allen preußischen Provinzen, aber auch in Anhalt, Sachsen und Hamburg. P. verkörperte in der Bürgerversammlung, deren Vorsitz er seit 1846 führte, und innerhalb der “Lichtfreunde”-Bewegung zusammen mit dem Rabbiner Ludwig Philippson den linken Flügel der noch einheitlichen antifeudalen Oppositionsbewegung in der Stadt. Für P. hieß das, alle Volksschichten – auch die proletarischen Unterschichten – zu integrieren und neben der Verfassungs- und der nationalen Frage auch die “soziale Frage”, die sich in der zweiten Hälfte der 1840er Jahre auch in Magdeburg dramatisch verschärfte, zu stellen und wirksame Lösungen anzubieten, so z. B. über karitative Hilfsvereine für die Unterschichten, wie den Handwerker- Unterstützungsverein, den Sparverein, die Sonntagsschule und den Bildungsverein, in denen sich P. aufopferungsvoll engagierte. Seine Wahl zum Stadtverordneten 1847 war ebenso folgerichtig wie seine Wahl mit überwältigender Mehrheit 1848 zum Deputierten der Preußischen Verfassungsgebenden Versammlung. P. erhielt als Protagonist des linken Flügels der sich im Revolutionsgeschehen immer mehr differenzierenden antifeudalen Bewegung die Stimmen aus den Mittel- und Unterschichten, vor allem aus der über 8.000 Mitglieder zählenden Freien Gemeinde des Predigers Uhlich, in deren “Ältestenrat” P. 1847 ebenfalls gewählt wurde. Im Berliner Parlament gehörte P. dem linken Zentrum an, trat aber nicht nennenswert in Erscheinung, was er aber als vehementer Befürworter der Steuerverweigerungskampagne und als Gegner der oktroyierten preußischen Verfassung vom 05.12.1848 tat. Um der drohenden Konterrevolution entgegenzutreten, gründete P. im Dezember 1848 mit Gesinnungsgenossen der Freien Gemeinde und der Bürgerversammlung den Verein zur Wahrung der Volksrechte – das Sammelbecken der linksliberalen und demokratischen Kräfte in der Stadt, der mit 1.500 Mitgliedern, auch aus den proletarischen Unterschichten, der stärkste der Provinz Sachsen war. Im April 1849 bildeten die 44 Zweigvereine der Provinz Sachsen unter Führung von P. den Zentralverein zur Wahrung der Volksrechte, mit dessen maßgeblicher Unterstützung P. erneut mit großer Mehrheit in die Zweite Kammer des preußischen Parlaments als Deputierter Magdeburgs einzog. Nach dem Scheitern der Revolution sah sich P. zahlreichen politischen Anwürfen ausgesetzt, blieb aber vermutlich der Fürsprache einiger politischer und religiöser Weggefährten und Honoratioren der Stadt, im Gegensatz z. B. zu Uhlich, von Strafverfolgung verschont und im Staatsdienst. In den 1850er und 1860er Jahren zog sich P. wie viele Liberale und Demokraten enttäuscht aus der Politik zurück und engagierte sich vor allem für die Gewerbeschule, einen Vorläufer der Volkshochschule, entsprechend seinem Grundverständnis, über bessere Bildung mehr soziale Gerechtigkeit für die proletarischen Unterschichten erzielen zu können. So blieb er eine anerkannte Persönlichkeit Magdeburgs, wovon nicht nur seine Beisetzung neben vielen Honoratioren der Stadt auf dem von Oberbürgermeister August Wilhelm Francke angelegten Nordparkfriedhof zeugte, sondern auch die Gründung der “P.-Stiftung” 1871 durch ehemalige Schüler und Weggefährten, die die Vergabe des “Paxanimus” – ein Stipendium für bedürftige und würdige Schüler der oberen Gymnasialklassen – ermöglichte und so P.’ Streben nach mehr sozialem Ausgleich zu verwirklichen suchte.
Literatur: Sammlung Jürgen Engelmann, Gerwisch (privat).
Jürgen Engelmann