Francke, August Wilhelm |
F. war Sohn des Pächters des Gräflich Wartensleben’schen Rittergutes, des Amtmanns Gottfried August Wilhelm F. Er besuchte 1790–1803 das Gymnasium in Brandenburg, ab 1803 studierte er Jura an der Universität Halle. Nach bestandenem Examen trat er 1807 als Referendar bei der Kriegs- und Domänenkammer in Magdeburg in westfälische Dienste. Als diese 1808 aufgelöst wurde, erhielt F. Anstellung bei der Unterpräfektur in Halle. Bereits 1809 erhielt er eine Berufung als Präfekturrat nach Göttingen. Wenige Monate später wurde er Generalsekretär des Elbdepartements, das seinen Sitz in Magdeburg hatte. Magdeburg lag im damaligen Königreich Westfalen und stand unter französischer Herrschaft. F.s deutsche Gesinnung führte zu Auseinandersetzungen mit dem französischen Marschall Davoust. F. war deshalb froh, 1813 als Unterpräfekt nach Osterode gehen zu können. Nach der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 bemühte sich F. um eine Anstellung bei der preußischen Regierung. Er erhielt die Stelle eines Militärgouvernementsrats mit Sitz in Halberstadt. Im April 1817 begann er eine Tätigkeit als Rat bei der neugebildeten Regierung in Erfurt. F., der beim preußischen König sehr beliebt war, wurde von Friedrich Wilhelm III. am 23.05.1817 zum Kreislandrat, Polizeidirektor und Oberbürgermeister von Magdeburg ernannt. Als der preußische König ihn zum Polizeipräsidenten von Berlin berufen wollte, richtete die Magdeburger Stadtverordnetenversammlung am 11.02.1832 eine Eingabe an diesen mit der Bitte, F. als Oberbürgermeister in Magdeburg zu belassen. Als realdenkender und vorausschauender Kommunalpolitiker stärkte F. die Wirtschaft der Stadt durch Förderung der Dampfschiffahrt auf der Elbe, den Bau großer Speicheranlagen (Neuer Packhof 1832–36) und setzte sich für den Bau der Magdeburg-Leipziger Eisenbahnlinie ein. 1839 erfolgte die Einweihung des Streckenabschnittes Magdeburg- Schönebeck, 1840 Magdeburg-Leipzig, 1843 Magdeburg-Halberstadt und 1846 Magdeburg-Potsdam. F. führte Neuerungen bei der Wasserversorgung ein, indem er die Holzrohre durch ein gußeisernes System ersetzen ließ und ab 1844 für die Förderung des Wassers mit Dampfkraft sorgte. Er beschäftigte sich bereits mit der Stadterweiterung und verfaßte eine Denkschrift (nicht gedruckt) darüber. Die Umsetzung dieser Gedanken blieb allerdings seinem Nachfolger Gustav Hasselbach vorbehalten. F. gründete 1823 die Stadtsparkasse, die Schullehrer-, Witwen- und -Waisenkasse sowie die Holzversorgungsanstalt. Er reformierte das Armen- und Schulwesen, letzteres mit dem Ergebnis, daß Magdeburg zum damaligen Zeitpunkt über das modernste Schulwesen in Deutschland verfügte. Gemeinsam mit dem Schulinspektor Karl Zerrenner gelang es ihm, die Kinder aus allen Schichten der Bevölkerung schulisch zu erfassen. Als Mitglied der im Juli 1831 gebildeten Gesundheitskommission ließ er zur Bekämpfung der im gleichen Jahr ausgebrochenen Cholera acht Cholera- und Quarantänebaracken sowie zur Unterstützung Bedürftiger Suppenverteilungsstellen einrichten. 50.000 Taler stellte der Gemeinderat dafür zur Verfügung. Auch die Verbesserung der Straßenbeleuchtung 1832 geht auf F. zurück. Ein Werk, das F. bis zum heutigen Zeitpunkt ehrt, ist die Schaffung von Parkanlagen. Es entstanden der Herrenkrug, ein Werk von 28 Jahren, da die Anlage durch die französische Besatzung stark beschädigt worden war, der Klosterbergegarten 1825 (einer der ersten Volksparks Deutschlands) und der Glacisweg. Der Nordfriedhof, heute Nordpark, 1827 eröffnet, war der erste Friedhof, der außerhalb der Stadt lag, wodurch der hygienische Zustand des Grundwassers wesentlich verbessert wurde, denn die bei den Kirchen liegenden Friedhöfe (Kirchhöfe) waren hoffnungslos überbelegt. Bei der Errichtung des Nordfriedhofes mußte F. den Widerstand des Festungskommandanten Graf Gustav von Hake überwinden und strenge Auflagen, was die Gestaltung des Friedhofes betraf, erfüllen. Zur Gestaltung der Parkanlagen und des Friedhofes zog er den berühmten preußischen Gartenarchitekten Peter Josef Lenné heran. 1848 schied F. aus dem Amt. Die Revolution von 1848, die er als Königstreuer nicht verstehen konnte, trug zu diesem Schritt wesentlich bei. Die Stadt Magdeburg ehrte F. 1857 mit einem von Gustav Blaeser geschaffenen Denkmal. Im Jahre 1907 mußte es dem Otto-von-Guericke-Denkmal weichen. Das Denkmal F.s wurde in den Nordpark versetzt, wo es heute noch steht. Die Magdeburgische Gesellschaft von 1990 zur Förderung der Künste, Wissenschaft und Gewerbe e.V. stiftete 1997 eine August-Wilhelm-Francke-Medaille zur Verleihung an Magdeburger Persönlichkeiten.
Literatur: ADB 7, 233–235; Kabinettsorder vom 11.03.1832, in: Magdeburgische Zeitung, Nr. 66 vom 17.03.1832; N. N. , F., in: ebd., Nr. 150 vom 01.07.1857; N. N., Aus der Provinz, in: ebd., Nr. 151 vom 02.07.1857; Magdeburgischer Geschichtsverein, Sitzung am 12.04.1883, in: Bll. HGusL 35, 1883, 134; Henri Tollin, A. W. F., in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde des Herzogtums Magdeburg 19, 1884, 305; ders., A. W. F., in: GeschBll 19, 1884, 1–46, 113–139, 225–265: ebd. 20, 1885, 1–30; Felix Rosenfeld, Erinnerungen an den Magdeburger Oberbürgermeister F., in: GeschBll 37, 1902, 258–260; Albrecht Pfeiffer, Erinnerungen an den Oberbürgermeister A. W. F., in: MonBl 1925, 361–363; N. N., Wendepunkte in der Entwicklung Magdeburgs – Zum 75. Todestage des Oberbürgermeisters A. W. F., in: Magdeburgische Zeitung, Nr. 237 vom 12.05.1926, 1. Beilage, 5; Erich Neuß, A. W. F. und Ludwig Wucherer in ihrem gemeinsamen Wirken für die Magdeburg-Halle-Leipziger Eisenbahn, in: Zur Geschichte und Kultur des Elb-Saale-Raumes, Fs. für Walter Möllenberg, 1939, 271ff.; Ingelore Buchholz/Maren Ballerstedt/Konstanze Buchholz, Magdeburger Bürgermeister, o. J., 23–27 (B); Ingelore Buchholz/Maren Ballerstedt, Eine Stadt wehrt sich! Der Beitrag der Stadtverwaltung zur Überwindung von Seuchen in Magdeburg, o. J., 26ff.
Archivalien: StadtA Magdeburg: Bestand A II Akten der Altstadt Magdeburg von 1806/07 bis 1906/07.
Bildquelle: *StadtA Magdeburg.
Ingelore Buchholz
letzte Änderung: 19.08.2004