Moeller, Johann Friedrich |
Der aus einer Erfurter Pastorenfamilie stammende M. besuchte das Gymnasium in Erfurt und studierte evangelische Theologie in Göttingen. Ab April 1814 zum Katecheten am Schullehrerseminar in Erfurt berufen, bekleidete M. ab Juli 1815 auch das Amt des Diakons und zweiten Predigers an der Erfurter Barfüßerkirche. 1829 zum Pastor ernannt, wurde er im Dezember 1830 Superintendent und Senior des Evangelischen Ministeriums in Erfurt. In seiner zweiten Profession war er in den 1820er Jahren interimistisch Seminardirektor in Erfurt und in den 1830er Jahren nebenamtlicher Oberschulaufseher. 1832 wurde er als Konsistorialrat Mitglied der Königlichen Regierung zu Erfurt. 1843 trat er die Nachfolge des Bischofs und Generalsuperintendenten Bernhard Dräseke an und wurde 1845 Inhaber des neugeschaffenen Amtes als geistlicher Direktor des Konsistoriums der Kirchenprovinz Sachsen. Dabei fand Berücksichtigung, daß M. bereits in Erfurt Erfahrungen mit “Separatisten” in Form der separierten Lutheraner um Johannes Grabau hatte. M. berief sich bei seinen Entscheidungen auf die Kabinettsordres Friedrich Wilhelm III., nach denen jeder Gewissenszwang zu unterbleiben habe. Diese Form der beratenden Vermittlung stieß immer dann auf Unverständnis, wenn von den Behörden des Kirchenregiments eine amtliche Entscheidung erwartet wurde. Doch gerade in Glaubensfragen waren formale Kompromisse unmöglich und politische Vorgaben zwischen wissenschaftlicher Theologie und religiöser Erbauung nicht nur für M. unzumutbar. 1848 oblag ihm nach dem Weggang von Karl Friedrich Göschel bis zum Amtsantritt des Oberpräsidenten Gustav von Bonin von Ende März bis Ende Juni und nach dessen Weggang von Ende September bis Ende Oktober die Vertretung im Konsistorialpräsidium. Dabei hat er die in ihn gesetzten Erwartungen auf unparteiische Amtsführung so sehr enttäuscht, daß das Ministerium der geistlichen Angelegenheiten im Oktober 1848 den Regierungsvizepräsidenten in Magdeburg mit der Wahrnehmung der Präsidialgeschäfte im Konsistorium beauftragte. Als Begründung dafür wurden wichtige politische Rücksichten angeführt, die M. von dem Vorsitz im Konsistorium ausschlossen. M., der sich und sein Handeln zeit seines Lebens als unpolitisch empfand, hatte in der Folgezeit die Wirren der Verfassungsumbrüche zwischen 1848 und 1850 durchzustehen, in deren Verlauf er von Friedrich Wilhelm IV. 1850 zum Mitglied des Erfurter Staatenhauses berufen wurde. Das Verständnis für die mehrfachen Wandlungen des Verfassungszusammenhangs für die Kirchen fiel ihm schwer, doch die drängenden politischen und sozialen Fragen um den Wittenberger Kirchentag 1848 und den Aufbau einer Inneren Mission verfolgte M. in einer Konsequenz, die ihm wichtiger war als langwierige Bekenntnisdarlegungen. Ab 1850 nahm Oberpräsident Hartmann Erasmus von Witzleben die Präsidialgeschäfte im Konsistorium wahr, bis 1853 mit dem Kreisgerichtsdirektor Friedrich Wilhelm Noeldechen ein weltlicher Konsistorialdirektor berufen wurde, für den eine eigene nicht verfassungskonforme Dienstinstruktion erlassen wurde. Im Januar 1857 suchte M. um seine Emeritierung nach, bat aber um Belassung in der Dompredigerstelle. Der Wechsel in der Generalsuperintendentur erfolgte im Frühjahr 1858, womit auch die Rückkehr zu verfassungsmäßigen Zuständen in der Verteilung der Präsidial- und Direktorialgeschäfte im Konsistorium verbunden war. M., der bis 1860 Domprediger und als Ehrenmitglied im Konsistorium dort auch stimmberechtigt blieb, trat auch mit katechetischen Schriften und Sammlungen geistlicher Lieder und Gesänge hervor, zu denen er selbst einige beisteuerte.
Werke: Christenglück und Christenwandel in religiösen Gesängen, 1816; Antrittspredigt am 30. April 1843 in der Domkirche zu Magdeburg, 1843; “Lasset Euch Niemand das Ziel verrücken!” Mahnung durch Verständigung über das Bekenntniß der neuen Gemeinde aus treuem Herzen an die evangelische Bürgerschaft von Magdeburg gerichtet, 1847; Amtsbetrübnis und Amtstrost. Eine Schriftauslegung, 1848; Die Verwaltungsgrundsätze des Consistoriums der Provinz Sachsen in ihrem Verhältnis zur Gegenwart – Ein Rundschreiben, 1848; Geistliche Dichtungen und Gesänge auf der Unterlage der heiligen Schrift, 1852; Katechetisch-evangelische Unterweisung in den heiligen zehn Geboten Gottes nach dem Katechismus Lutheri, 1854.
Literatur: ADB 22, 145–147; RE 13, 31903, 208–212; RGG 4, 31960, Sp. 1069; BBKL 5, Sp. 1593f. (W); Otto Kraus, Geistliche Lieder im 19. Jahrhundert, 21879, 342–350.
Archivalien: LHASA: Rep. C 20 I b, Nr. 354/I; Rep. C 20 I b, Nr. 361/I; Rep. C 81, Nr. 40.
Hans Seehase
letzte Änderung: 28.02.2005