Storch, Karl
Hermann Ernst |
Der einzige Sohn des Kantors und Lehrers Johann Friedrich S. wurde bis zum elften Lebensjahr vom Vater unterrichtet. Im Elternhaus kam er frühzeitig mit der Kunst, vor allem mit klassischer Musik in Berührung. Bereits im 14. Lebensjahr erteilte er selbst Klavierunterricht. S. besuchte das Gymnasium in Quedlinburg und legte dort 1869 das Abitur ab. 1869–70 studierte er in Halle evangelische Theologie und Kirchengesang. Bereits während des Studiums arbeitete S. als Hilfslehrer an der lateinischen Grundschule in Halle. Nach Pfarrstellen u. a. in Eisleben und Calbe trat er 1888 seinen Dienst als Diakon an St. Jakobi in Magdeburg an. 1892–94 wirkte er als Oberpfarrer dieser Gemeinde, bis er als Diakon an die bedeutendste Reformationskirche Magdeburgs St. Ulrich und Levin berufen wurde. Ab 1915 wirkte S. hier als Oberpfarrer. Mit seinen Predigten und Schriften erwarb er sich Anerkennung über Magdeburgs Stadtgrenzen hinaus. S., der stets darum bemüht war, das Wort Gottes auf einfache und anschauliche Weise zu vermitteln, galt als einer der bedeutendsten Kanzelredner seiner Zeit. Er bekleidete zudem leitende Funktionen in den Magdeburger Zweigvereinen des Evangelischen Bundes und des Gustav- Adolf-Vereines, gab als verantwortlicher Redakteur von 1891 bis 1919 die evangelische Zeitung Aus unseres Herrgotts Kanzlei. Evangelisches Gemeindeblatt für Magdeburg und Umgebung heraus und verfaßte für die wöchentlich erscheinende Zeitung regelmäßig Beiträge. Im April 1922 trat er in den Ruhestand. S. war dreimal verheiratet und hatte fünf Kinder. 1894 wandte er sich der Magdeburger Loge “Ferdinand zur Glückseligkeit” zu, wirkte von 1906 bis zu seinem Tode als hammerführender Meister vom Stuhl und prägte damit das Logenleben in den ersten zwei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Seine humanistische Erziehung und die Erfahrungen, die er als Musiklehrer an den Frankeschen Stiftungen in Halle erworben hatte, gingen im Engagement für die Freimaurerei auf. Die musikalische Tätigkeit der Loge erhielt durch S. neue Impulse, auch der Logenchor gab öffentliche Konzerte. Bedeutung erlangten seine Logenreden. So hielt S. 1899 zur Trauerloge für den Magdeburger Ehrenbürger und Ehrenmeister Otto Duvigneau die Gedächtnisrede, die im gleichen Jahr gedruckt erschien. In den bisher weitgehend unentdeckten literarischen Arbeiten S.s vereint sich eine humanistische Grundhaltung mit der Lebenserfahrung des Seelsorgers und den Ansichten des Freimaurers. S. fand im Alltäglichen das Allegorische, Symbolische und Beispielhafte, kleidete es in poesievolle sprachliche Bilder und fabulierte, stets reich pointiert, in leicht moralisierender, aber nie aufdringlicher pädagogischer Art, nach einer einfachen Lebensphilosophie über die Schönheiten der Elbestadt, über Tugenden und Untugenden seiner Zeitgenossen, das Glück des Alltags und den Wert menschlicher Gemeinschaft.
Werke: Ein literarischer Spaziergang durch Magdeburg, in: Bll.HGusL 55, 1903, 97f., 106f., 115–117, 122–124, 130f., 140f.; Sonnenstrahlen einfangen. Erbauliches und Beschauliches, 1904,21908; Stille Wege. Allerlei Unmodernes, 1905, 31907; Jahresabend und Jahresmorgen. Zwölf Sylvester- und Neujahrspredigten, 1905; Magdeburg – Ein Erinnerungsbuch, 1906; … aber der Wagen rollt. Allerlei Humor und Ernst von der Lebensfahrt, 1907, 31919; Eulen und Meerkatzen. Allerlei zum Fröhlichwerden, 1909; Münchhausens Posthorn. Etwas für Hellhörige, 1913.
Archivalien: AKPS: Rep. A, Spec. P, St 157 (PA).
Bildquelle: *Erinnerungs-Blätter zum hundertfünfzigjährigen Stiftungsfeste der Loge “Ferdinand zur Glückseligkeit” zu Magdeburg am 23. Februar 1911, o. J. [1910].
Heike Kriewald