Valentin, Erich, Prof.
Dr. |
V. war Sohn des Postbeamten Karl V. Nach Stationen in St. Ludwig und Mülhausen/Elsaß kam V. aufgrund einer Dienstversetzung des Vaters nach Magdeburg. Dort legte er sein Abitur am König Wilhelms-Gymnasium ab. 1923/24 vervollkommnete er seine musikalische Ausbildung bei Otto Volkmann, Georg Sbach, Hermann Freiberg, Siegfried Blumann, Werner Tell u. a. Ab 1925 studierte er in München Musikwissenschaften (Adolf Sandberger, Alfred Lorenz, Gustav Friedrich Schmidt), Komposition (Walther Courvoisier) und Klavier (Richard G’schrey), daneben besuchte er u. a. auch das pädagogische Seminar unter Aloys Fischer und promovierte 1928 bei Sandberger. Eine unbezahlte Korrepetitorstelle in Düsseldorf trat er nicht an, obgleich er zu diesem Zeitpunkt die Kapellmeisterlaufbahn anstrebte. Im selben Jahr kehrte er nach Magdeburg zurück, wo er sich als Klavier- und Lateinlehrer, als Lehrer an der Volkshochschule, als Dozent für Musikgeschichte am Staatlichen Musikerzieherseminar (ab 1930), als Musikkritiker (Magdeburgische Zeitung, Mitteldeutsche Zeitung, Monatsblatt der Volksbühne, Deutsche Musikzeitung, Deutsche Tonkünstlerzeitung, Preußische Lehrerzeitung) und Schriftleiter des Montagsblattes betätigte. Mit Robert Adolf Stemmle gestaltete V. Puppenspielaufführungen in Schulen. In dieser Zeit entstanden Beiträge über das Wirken bedeutender Musiker und Komponisten in Magdeburg (Richard Wagner, Carl Loewe, Albert Lortzing, Franz Liszt, Friedrich Ernst Fesca, Johann Heinrich Rolle) sowie über die Entstehung des Magdeburger Konzertlebens im 18. Jahrhundert, über die Elbmusikfeste des 19. Jahrhunderts und über historische Musikstätten Magdeburgs. 1934 erschien die erste Magdeburger Musikgeschichte. Auf Anregung des Staatsarchivdirektors Walter Möllenberg schrieb V. für die “Mitteldeutschen Lebensbilder” eine Biographie Georg Philipp Telemanns (1930). Anläßlich des 250. Geburtstags Telemanns veröffentlichte V. dann in Burg bei Magdeburg die erste eigenständige Telemann-Biographie, die mehrere Nachauflagen erlebte. V. erkannte in Telemann den “Wegbereiter der Klassik”. Zur gleichen Zeit erschienen in verschiedenen Zeitschriften V.s Artikel über Telemanns Magdeburger Zeit. V. hielt öffentliche Vorträge, Telemann-Werke wurden u. a. durch das Städtische Orchester aufgeführt. Es ist der Beginn der Magdeburger Telemann-Pflege und -forschung, die von Musikern wie Otto Kobin und Werner Tell auch nach V.s Weggang nach München (1935) weitergetragen wurde. 1932 lernte er Albert Schweitzer im Schwarzwald kennen. 1935 veröffentlichte er im Magdeburger Heinrichshofen-Verlag gemeinsam mit Kobin erstmals die FAE-Sonate von Robert Schumann/Johannes Brahms/Albert Dietrich. In München wirkte er zunächst als freischaffender Musikpublizist. 1939–45 war V. Lehrer am Mozarteum Salzburg, außerdem wurde er Generalsekretär der Internationalen Stiftung Mozarteum und Leiter des Zentralinstituts für Mozart-Forschung. Von nun an erschienen vor allem Arbeiten zu Mozart und zur Musikpädagogik, aber auch zu Beethoven und Hans Pfitzner. Nach dem Krieg hielt sich V. in Mammendorf bei Fürstenfeldbruck auf, ab 1947 auf der Lippischen Burg Sternberg als Mitarbeiter von Peter Harlan und als Kreismusikberater. Ab 1949 wirkte er als Dozent an der Nordwestdeutschen Musikakademie Detmold. 1953 übernahm V. die Professur für Musikwissenschaften an der Münchner Hochschule für Musik (1964–72 Direktor). 1950–55 wirkte er als Hauptschriftleiter der Zeitschrift für Musik, 1955–59 als Redaktionsmitglied der Neuen Zeitschrift für Musik, ab 1954 als Schriftleiter der Acta Mozartiana. V. war Mitbegründer und langjähriger Präsident der Deutschen Mozart-Gesellschaft (Sitz Augsburg). 1961 kam es zur Begegnung mit Hermann Hesse, der V. sehr schätzte und dessen Vortrag “Die goldene Spur. Mozart in der Dichtung H. Hesses” autorisierte (gedruckt 1967, Neuauflage 1998). 1992 wurde der Begründer der Magdeburger Telemann-Forschung mit dem Telemann-Preis der Landeshauptstadt Magdeburg geehrt.
Werke: Friedrich Ernst Fesca, in: Mitteldt Leb 5, 254–266; G. Ph. Telemann. Eine Biographie, 1931, 21947, 31952; Johann Heinrich Rolle. Ein Mitteldeutscher Musiker des 18. Jahrhunderts, in: Jb. Sachsen und Anhalt 9, 1933; Musikgeschichte Magdeburgs, in: GeschBll 68/69, 1933/34, 1–51; (Hg.) G. Ph. Telemann, Psalm 117, 1936; Wege zu Mozart, 1941; Mozart. Wesen und Wandlung, 1948; Hdb. der Instrumentenkunde, 1954, 81986; Musica domestica: über Wesen und Geschichte der Hausmusik, 1959; Artikel Magdeburg, in: MGG 8, 1959, 1470–1477; Telemann in seiner Zeit. Versuch eines geistesgeschichtlichen Porträts, 1960; Hdb. der Schulmusik, 1962, 31985; Artikel Familie Rolle, in: MGG 11, 1963, 653–656; Lübbes Mozartlexikon, 1983, 31994; W. A. Mozart, 1985, 21991; L. Mozart, 1987, 21998; Wolf Hobohm (Hg.), E. V., Schriften zu Telemann, 1991 (W zu Telemann); Art. Magdeburg, in: MGG 5 (Sachteil), 1569–1572.
Nachlaß: Bücher und Noten im Zentrum für Telemann-Pflege und -Forschung Magdeburg.
Literatur: MGG 13, 1226; New Grove 19, 493f.; Riemann 4, 1989, 286 (auch Supplement-Bd., 107); Alfons Ott, Musik und Humanität: E. V. zum 65. Geburtstag, in: Musica 25, H. 6, 1971, 610f.; Günther Weiß (Hg.), Fs. E. V. zum 70. Geburtstag, 1976; Hans E. V., Ein Leben für Mozart, in: ebd., 235–244 (W); Interview mit E. V., in: Magdeburger Volksstimme vom 14.03.1992; E. V.: Mozarts europäische Sendung. Schriften zu Mozart, zusammengestellt von Rudolf Angermüller, in: In signo Amadei: E. V., 1993 (W); Wolf Hobohm, Nachruf, in: Magdeburger Volksstimme, 23.03.1993; Vf., E. V. und die Magdeburger Telemann-Pflege, in: Acta Mozartiana 41, H. 4, 1994, 146–149.
Bildquelle: *Telemann-Zentrum Magdeburg.
Ralph-J. Reipsch
letzte Änderung: 28.09.2004