Gerloff, Georg
Friedrich Kasper |
Der Sohn eines evangelischen Pfarrers wurde durch den frühen Tod seines Vaters bereits mit drei Jahren Halbwaise. Seine Mutter kehrte mit ihm und seiner Schwester in ihre Heimatstadt Halberstadt zurück, wo G. später die Domschule besuchte. Nach Absolvierung des Gymnasiums begann er auf Wunsch seines Vormundes 1790 das Studium der evangelischen Theologie an der Universität Halle. G.s Interessen lagen allerdings mehr im pädagogischen und philosophischen Bereich, so daß er insbesondere August Hermann Niemeyers Lehrveranstaltungen besuchte und schließlich dessen Assistent wurde. Nach fast dreijährigem Studium erhielt G. eine Hauslehrerstelle bei der Familie Bismarck in Birkholz/Altmark. Im Sommer 1796 bot ihm Propst Gotthilf Sebastian Rötger die Stelle des fünften Lehrers am Pädagogium des Klosters Unser Lieben Frauen in Magdeburg an, die G. annahm. Nach achtjähriger Lehrtätigkeit an dieser Schule ernannte der Konvent G. dort zu seinem Mitglied. 1808 wurde er Domäneninspektor im mittlerweile westfälischen Elbdepartment und verließ 1813 Magdeburg, um in der neuerrichteten preußischen Domänendirektion zu arbeiten, der er bis 1816 angehörte. In diesem Jahr wurde er in das Amt eines Stadtsekretärs und Bibliothekars in Magdeburg berufen. G. war in dieser Funktion auch an der Schulreform in der Elbestadt beteiligt, die unter August Wilhelm Francke und Karl Zerrenner ab 1819 durchgeführt wurde. Als Verwalter der Stadtbibliothek ließ G. die Stadtbuchstube zur Bücherei ausbauen, schuf von 1821–24 den ersten systematischen Standortkatalog in 24 Bänden und bis 1829 den ersten, siebenbändigen alphabetischen Katalog. 1827 konnte G. die lange Zeit brachliegenden Bestände der Bücherei zur öffentlichen Benutzung freigeben und somit den eigentlich Zweck der Bibliothek erfüllen. 1839 war der Bücherbestand auf rund 12.000 Bände angewachsen. G.s weiterführender Vorschlag, die Stadtbibliothek mit den Bibliotheken des Domgymnasiums, des Klosters Unser Lieben Frauen und der Städtischen Schulbibliothek zu vereinigen, scheiterte. Ab 1826 wirkte G. zudem als Stadtarchivar. 1834 erfolgte die Berufung zum Stadtschulrat in Magdeburg, was jedoch zu Differenzen mit dem amtierenden Stadtschulinspektor Zerrenner führte. G. war seit 1800 Mitglied der Freimaurerloge “Ferdinand zur Glückseligkeit”. Unter dem kulturell interessierten und politisch klug verhandelnden Meister und Großmeister Christian Friedrich Schewe wuchs G. in das Amt des Logenredners, das er u. a. neben dem langjährigen Meister vom Stuhl Karl Focke sowie dem Prediger August Klusemann mit großer Vollkommenheit ausführte, wobei er den Bildungsanspruch innerhalb der Loge erweiterte. 1841 mußte G. seine Ämter infolge einer Krankheit aufgeben und starb kurz darauf.
Werke: Vortrag auf dem Rathause zu Magdeburg am 10.05.1831, dem 200jährigen Gedächtnistage der Zerstörung der Stadt durch Tilly, 1831.
Literatur: Neuer Nekr 20, 1844, 59–66; Leesch 2, 181f.; Ernst Neubauer, Geschichte der Stadtbibliothek von Magdeburg, in: GeschBll 45, 1910, 17–22, 27; Arthur Reichsritter von Vincenti, Die Magdeburger Stadtbibliothek vor hundert Jahren, in: MonBl 65, 1913, 137–140; Julius Laumann, Die Entwicklung der Schulverwaltung der Stadt Magdeburg von 1818–1889, in: ebd. 74/75, 1939/41, 150–53 u.ö.; Martin Wiehle, G. F. G. – ein Pionier bürgerlicher Bibliotheksarbeit im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts, in: Die Stadtbibliothek Magdeburg im Wandel der Zeiten, 2000, 12–15.
Wolfgang Mayrhofer
letzte Änderung: 28.09.2004