Schewe, Christian
Friedrich |
Der Sohn eines evangelischern Pfarrers wurde bereits als Schüler des Klosters Berge bei Magdeburg, das er 1767–70 besuchte, mit den Ideen der Aufklärung konfrontiert. Nach seinem Studium der evangelischen Theologie in Halle 1770–72 war er bis 1785 als Lehrer und Prokurator am Pädagogium des Klosters Unser Lieben Frauen in Magdeburg sowie als Kammerprediger des Braunschweigischen Herzogs Ferdinand tätig, dessen Tochter er ehelichte. Durch Vermittlung seines Schwiegervaters avancierte S. wenig später zum Konsistorialrat und erhielt eine Stelle als Prediger am Magdeburger Dom. 1790 wurde er durch Protektion des Ministers des Geistlichen Departments in Berlin, Johann Christoph Wöllner, gegen den Widerstand des Konvents des Klosters Berge zum Adjunkt des Abtes Friedrich Gabriel Resewitz ernannt. Nach der Entbindung Resewitz’ von der Direktion der Schule und des Seminars stieg S. 1796 zum Oberdirektor des traditionsreichen Klosters Berge auf und übernahm die alleinige Schulaufsicht – flankiert vom Schuldirektor Johann Gottfried Gurlitt, mit dem S. in zunehmende Auseinandersetzung geriet. S. stand dem Kloster Berge – ab 1805 als Abt – bis zur per Dekret verordneten Schließung der Schule durch die französische Besatzungsmacht im März 1810 vor. Der als Lehrer wenig profilierte, aber administrativ und praktisch befähigte S. bemühte sich um eine verbesserte Stellung der Lehrer, um eine Erhöhung der Benefiziantenstellen und die Renovierung der Gebäude. Sein Hauptverdienst für die Stadt Magdeburg bestand darin, erstmals bürgerlicher Kultur eine Struktur und ein eignes Profil verliehen zu haben. Ende 1780 wurde S. in die Loge “Ferdinand zur Glückseligkeit” aufgenommen und arrivierte bereits 1784 zum Meister vom Stuhl. Schon 1785 rief S. innerhalb der Loge einen Klub ins Leben, der mit öffentlichen Konzerten, Vorträgen zu Naturwissenschaften und Philosophie, einer öffentlichen Bibliothek und Zeitungslektüre, öffentlichen Tafellogen mit Sammlungen für Bedürftige, Billardspiel, Frauentreffen und geselligem Beisammensein über Standesgrenzen hinweg den Status eines frühen bürgerlichen Kulturvereins erlangte. Dies galt in der Logengeschichte der Tochterlogen der National-Mutterloge “Zu den drei Weltkugeln” im 18. Jahrhundert als Einmaligkeit. Unter S. wuchs die Magdeburger Loge mit 253 Mitgliedern im Jahre 1806 zur größten deutschen Freimaurerloge im Bund der “Drei Weltkugeln”. Durch S.s Initiative gelangte die Loge 1791 zu einem eigenen Domizil in der Altstadt und führte im Bemühen um eine bürgerliche Kultur in der preußischen Festung Magdeburg vor allem Lehrer, Kaufleute, Fabrikanten und Geistliche zusammen. Dennoch scheiterten im Jahre 1796 die Bemühungen S.s um Transparenz im kulturellen Leben der Loge. Der erste Versuch, ein bürgerliches Vereinslokal zu errichten, stellte sich vorerst als unumsetzbar heraus. S.s wahrte die Selbständigkeit der Magdeburger Loge und die Kontinuität der Arbeit über die schwierigen politischen Zeiten des preußischen Festungsregiments und der französischen Besatzung von 1806 bis 1814 hinweg. Umsicht, Klugheit und Disziplin ließen ihn zur ersten herausragenden Persönlichkeit im Logenleben der Magdeburger Freimaurerloge “Ferdinand zur Glückseligkeit” werden, in der er 27 Jahre als Meister vom Stuhle wirkte.
Werke: Gedächtnißpredigt auf Preußens Grossen Unvergeßlichen König Friedrich II., 1786; Gesezze des Pädagogiums zu Kloster Berge bei Magdeburg, 1805.
Literatur: Ämil Funk, Geschichte der Loge “Ferdinand zur Glückseligkeit” im Orient Magdeburg im ersten Jahrhundert ihres Bestehens, 1861; Heike Kriewald, Ferdinand zur Glückseligkeit, 1992; Uwe Förster, Unterricht und Erziehung an den Magdeburger Pädagogien zwischen 1775 und 1824, Diss. Magdeburg 1998.
Bildquelle: *Erinnerungs-Blätter zum hundertfünfzigjährigen Stiftungsfeste der Loge “Ferdinand zur Glückseligkeit” zu Magdeburg am 23. Februar 1911, o. J. [1910].
Guido Heinrich/Heike Kriewald