Vogeler, Johann Theodor Heinrich
geb. 25.08.1869 Leipzig,
gest. 21.02.1937 Magdeburg,
Schauspieler, Regisseur, Theaterdirektor, Intendant.

Der Sohn eines aus Magdeburg stammenden Großkaufmanns besuchte in Leipzig das Gymnasium. Schon in jungen Jahren interessierte er sich leidenschaftlich für das Theater. Er sah den “Ring”, Verdi-Opern, deutsche Klassik, Shakespeare und erlebte ein Gastspiel des Meininger Hoftheaters in Leipzig. Zögerlich gab der Vater dem Drängen seines Sohnes nach, Schauspieler zu werden. Sein erstes Engagement trat V. 1890 in Marburg an. Über Rostock, Hildburghausen, Augsburg, Düsseldorf, Lübeck, Baden-Baden kam er 1895 nach Königsberg, wo er u a. an der Seite von Josef Kainz spielte. 1897 folgte er für zwei Jahre einem Angebot nach Halle. Während dieser Zeit spielte V. zahlreiche große Charakterrollen und begann, Regie zu führen. 1899 ging V. an eine der ersten Bühnen Deutschlands, an das vereinigte Stadttheater Hamburg und Altona. Er hatte dort berühmte Kollegen (Alexander Otto, Carl Horvath, Ida Bauer, Paul Wegener), spielte weiterhin Klassik und zeitgenössische Dramatik – wenn auch nicht mehr immer die ersten Rollen – und reifte zu einem erfahrenen Schauspieler und Theaterfachmann heran. 1908 folgte V. seinem Hamburger Verwaltungsdirektor Carl Coßmann als Oberspielleiter und Schauspieler an das Magdeburger Stadttheater. Coßmanns Vorgänger Arno Cabisius hatte die Oper gepflegt, so daß dem vernachlässigten Schauspiel größere Aufmerksamkeit zu schenken war. V. war besonders an der Regiearbeit interessiert. Er inszenierte als erste Schauspielpremiere “Julius Cäsar” und spielte selbst den Cassius. Sein Spielplan war geprägt von Inszenierungen der Klassiker, der jetzt stärker akzentuierten zeitgenössischen Dramatik und der Unterhaltungsliteratur. 1911 übernahm V. die Direktion des Halberstädter Theaters, wurde aber 1913 nach dem Konkurs Coßmanns in gleicher Funktion wieder an das Magdeburger Stadttheater berufen, bis 1916 auch als Oberspielleiter Schauspiel. Er brachte aus Halberstadt seinen eigenen Fundus mit und kaufte zusätzlich Kostüme. V. bemühte sich um einen ausgewogenen Spielplan in Oper und Schauspiel. Zum 100. Geburtstag von Verdi wurde ein achtteiliger Zyklus herausgebracht, die Pflege der Werke Richard Wagners fand ihre Fortsetzung (1913 “Meistersinger”, 1915 “Ring”), Meyerbeers und Puccinis Werke erklangen. Ab 1915 stand V. mit Walter Rabl ein bewährter Dirigent mit ausgesprochenem Stilgefühl zur Seite. Neben Shakespeare, Goethe, Schiller, Kleist und Hebbel wurden auch Stücke von Hauptmann, Wedekind, Ibsen, Björnson, Schnitzler, Hardt, Halbe und Johannes Schlaf inszeniert, die verstärkt bestehende soziale Spannungen thematisierten. Durch Ermäßigungen wurde das Theater breiteren Volksschichten zugänglich gemacht. 1917 pachtete V. zusätzlich das Viktoria-Theater (Sommertheater), zunächst vorwiegend für Lustspielaufführungen gedacht, und konnte durch geschickte Repertoiregestaltung, Bespielung des Sommertheaters und Gastspiele Ganzjahresverträge für Teile des künstlerischen Personals abschließen. Wagners “Parsifal” und Richard Strauss’ “Elektra” erlebten 1920 ihre Magdeburger Erstaufführungen. Infolge einer von Hermann Beims initiierten Strukturreform übernahm im selben Jahr der sozialdemokratische Magistrat das Magdeburger Stadttheater in eigener Regie und gründete die Städtischen Bühnen, zu deren Verbund auch die gemieteten Wilhelm- und Viktoria-Theater gehörten. V. wurde zum Intendanten und 1924 zum städtischen Beamten auf Kündigung mit Pensionsberechtigung berufen. Seine Versuche, nach 1920 neben Bewährtem auch die gesellschaftskritische expressionistische Dramatik eines Arnolt Bronnen, Carl Sternheim oder Georg Kaiser zu etablieren, scheiterten u. a. an der geringen Entdeckungsfreude des Magdeburger Publikums, einer zumeist konservativen Theaterkritik und V.s eigener traditionalistischer Spielauffassung. Innovationen gelangen Walter Beck, der 1925 auf die Stelle des neugeschaffenen Generalmusikdirektors berufen worden war und ansatzweise “das konventionelle Opernrepertoire zugunsten des modernen Musiktheaters” (Wallstab) abbauen konnte. 1930 zog sich V. auf eigenen Wunsch ins Privatleben zurück.

Literatur: Max Hasse, Fs. zum 50jährigen Jubiläum des Magdeburger Stadttheaters 1876–1926, 1926, 46–52 (*B); Kurt Wallstab, H. V. – Ein Leben für das deutsche Provinztheater, 1969 (*B); Friedemann Krusche, Theater in Magdeburg, Bd. 1, 1994 und Bd. 2, 1995; ders., Geschichte des Theaters in Magdeburg während der Weimarer Republik und im Dritten Reich, Diss. Berlin 1998.

Dagmar Bremer

letzte Änderung: 28.09.2004