Grubitz, Ernst |
Der Sohn von Franz Friedrich G., einem Handschuhmachermeister, besuchte ab 1822 das Pädagogium im Kloster Unser Lieben Frauen in Magdeburg und legte hier 1827 das Abitur ab. Danach studierte er bis 1831 in Halle Philologie. Erste Erfahrungen als Lehrer sammelte G. innerhalb eines Probejahres am Domgymnasium in Magdeburg. In Schulpforta rückte er 1834 in die erste Adjunktur ein, arbeitete bis 1840 erfolgreich als Lehrer, Erzieher und Bibliothekar. Er folgte 1840 dem Ruf als Konrektor an das Gymnasium in Minden. Der Magistrat seiner Vaterstadt berief ihn in Anerkennung seiner ungewöhnlichen Tüchtigkeit 1842 nach Magdeburg in das Amt Georg Friedrich Gerloffs als Stadtbibliothekar sowie Stadtschulrat, das er bis 1872 ausübte. 1843 trat er auch die Nachfolge Karl Zerrenners als Schulinspektor an. In dieser erstmalig geführten Doppelfunktion erhielt G. die Ehrenstellen des Magistrats beim Schlußexamen der höheren Handels- und Gewerbeschule. Damit klärten sich nach langem politischen Ringen in Magdeburg die Strukturen zur Schulverwaltung und zum inhaltlichen Schulangebot. G.’ Interesse an kommunalen Schulstrukturen führte ihn 1847 in das “Rauhe Haus” in Horn bei Hamburg, wo er auf Adolph Diesterweg traf. Durch das Engagement G.’ kam es zur wesentlichen Umgestaltung der großen Volksschulen in Magdeburg. G. löste den Religionsunterricht als Wissensfach ab und setzte es zur ethischen und sozialen Erziehung ein. Die Lehrerkonferenzen zur fachlichen Aufwertung des Unterrichts erhielten neue Kraft, entwickelten sich zu Stammtischen und organisierten ab 1848 Versammlungen zur Kirchen- und Schulreform mit dem Reformpfarrer Leberecht Uhlich, die durch G. Unterstützung fanden. Zu seinen wichtigsten schulischen Neuerungen gehörten eine partielle Trennung der staatlichen Schulen von der kirchlichen Aufsicht ab 1843, ein Statut von 1853 für Schulvorstände, das die Mitwirkung der Bürgerschaft innerhalb der Schule begünstigte, die Einführung des Faches Althochdeutsch als zentrales Unterrichtsfach an höheren Schulen sowie die Berufung der fortschrittlichen Pädagogen Hermann Ledebur als Rektor der Handlungs- und Gewerbeschule und Friedrich Loew als Rektor der zweiten Bürgerschule in Magdeburg. 1861–72 übte G. in seiner Heimatstadt das Amt des 2. Bürgermeisters aus. Als Vorgesetzter des Registrators oblag ihm auch die Leitung des Stadtarchivs. Als Stadtbibliothekar konnte G. erwirken, daß die Neuanschaffungen der städtischen Bibliothek von 1851 bis 1864 in den Blättern für Handel, Gewerbe und sociales Leben, dem wissenschaftlichen Beiblatt der Magdeburgischen Zeitung, zur Bekanntmachung kamen. G. initiierte 1856 den ersten Druck des Bibliothekskataloges und realisierte den erneuten Umzug der Bibliotheksbestände in den nördlichen Flügel des Rathauses, der größere Räumlichkeiten und eine verbesserte Nutzung der Bestände mit sich brachte. 1869, nach mehrmaligen Interventionen G.’ im Stadtparlament, kam es zu der noch von Gerloff geforderten Erhöhung der Buchanschaffungsmittel auf 400 Taler. G. gehörte ab 1855 der Freimaurerloge “Ferdinand zur Glückseligkeit” an.
Werke: Emendationes Orosianae e codice Portensi aliisque fontibus ductae, 1835.
Literatur: Karl Kirchner, Die Landesschule Pforta in ihrer geschichtliche Entwicklung, 1843, 135; Adolph Diesterweg, Sämtliche Werke, Bd. 7, 1964; Ernst Neubauer, Geschichte der Stadtbibliothek Magdeburg in: GeschBll 45, 1910, 1–28; Arthur Reichsritter von Vincenti, Geschichte der Stadtbibliothek zu Magdeburg 1525–1925, 1925, 91f. ; Julius Laumann, Die Entwicklung der Schulverwaltung der Stadt Magdeburg von 1818–1889, in: GeschBll 74/75, 1939/41, 158–180.
Heike Kriewald
letzte Änderung: 09.12.2004