Ribbeck, Wilhelm |
Der Sohn eines evangelischen Landpfarrers wuchs in Markgrafenpieske und Strausberg auf, wohin sein Vater 1806 als Oberpfarrer und Superintendent versetzt wurde. Nach dem frühen Tod seines Vaters kam R. 1807 zu seinem Onkel Conrad Gottlieb R. nach Berlin, der ihn gemeinsam mit seinen beiden Söhnen auf dem Gymnasium zum Grauen Kloster in Berlin ausbilden ließ. R. trat 1813 in das Lützowsche Freikorps ein, mit dem er sich bis 1814 an den Feldzügen gegen die Truppen Napoleons beteiligte. Hier verband ihn auch eine engere Freundschaft mit Theodor Körner, der ihn zu eigenen Dichtungen inspirierte. 1815 gehörte R. dem 25. Infanterie-Regiment an, mit dem er als Bataillonsführer Mitte Juni 1815 dank seiner besonderen Initiative den Reisewagen mit der Kriegskasse, wenig später auch den Kassen- und Küchenwagen Napoleons erbeutete, wofür er neben dem Eisernen Kreuz I auch einen Anteil der Beute erhielt. Seiner angegriffenen Gesundheit wegen schied R. im Juli 1817 auf eigenen Wunsch mit Halbsold für ein Jahr aus dem preußischen Heeresdienst aus, lebte danach kurze Zeit bei Verwandten in Berlin, bis er vom Staat eine Zivilversorgung in der Finanzverwaltung erhielt, zunächst in Berlin, dann in Kleve. Seit 1823 war R. als Rendant bei der Provinzialsteuerkasse und der Provinzial-Feuer- Societät, später bei der Königlichen Kreiskasse in Magdeburg beschäftigt. 1828 wurde er Bürger der Altstadt, bald darauf auch Stadtverordneter. 1836/37 fungierte er als Protokollführer der Stadtverordnetenversammlung, später als Schatzmeister der Magdeburger Bibel-Gesellschaft. Selbst kunstliebend und vielseitig interessiert, trat R. frühzeitig als Förderer von in der Stadt und dem Umland ansässigen Dichtern, Malern und Bildhauern auf. Seine Bestrebungen führten 1835 – angeregt durch den Halberstädter Apotheker, Kunstliebhaber und Restaurator Friedrich Lucanus – zur Gründung des ersten Magdeburger Kunstvereins, zu dessen Initiatoren u. a. auch August Wilhelm Francke, Georg Friedrich Gerloff, Johann Andreas Matthias, Friedrich Wiggert, Friedrich Albert Immanuel Mellin und der Maler Carl Sieg gehörten, mit dem R. eine enge Freundschaft verband. Ziel des Vereins war die “Förderung der echten Kunst nach allen ihren Richtungen und mit ihr zugleich harmonische Förderung des Lebens in Religion und Wissenschaft” (Gründungsaufruf R.s). Mit Hilfe des Direktoriums der Kunst- und Zeichenschule fanden ab 1835 alle zwei Jahre Kunstausstellungen in den Sälen des Innungshauses der Magdeburger Korporation der Kaufmannschaft statt, die durch Wanderausstellungen, Vorträge und Verlosungen der vom Verein erworbenen Gemälde und Lithographien ergänzt wurden. Die Mitglieder des Kunstvereins, die sich bereits zuvor in sogenannten “Kunstkränzchen” zum geselligen Austausch getroffen und zumeist private Kunstsammlungen angelegt hatten, regten frühzeitig die Einrichtung eines eigenen Museums an, dessen bescheidene Anfänge erst 1860 realisiert werden konnten. Wesentliche Verdienste um die Kunst erwarb sich R. als langjähriger Geschäftsführer der verbundenen Kunstvereine der Provinz Sachsen, deren Zwecke er umsichtig förderte, wobei er große Wanderausstellungen organisierte, die neben Magdeburg in Halle, Halberstadt, Braunschweig und anderen Städten zu sehen waren. R. trat zudem als Gelegenheitsdichter in Erscheinung. Seine lyrischen Arbeiten, die oftmals zu patriotischen Festen oder besonderen Anlässen wie dem “Großen Magdeburger Musikfest” von 1834 entstanden, fanden im engeren Kreis der Magdeburger Freitagsgesellschaft Anklang und erfuhren regionale Bekanntheit. Sein Gedicht “Die betende Bauernfamilie” gab den Anlaß zu der theologischen Auseinandersetzung zwischen dem Pfarrer Friedrich Wilhelm Sintenis und Bischof Bernhard Dräseke über Bilderverehrung in Magdeburg.
Werke: Wilde Rosen aus Eugenia’s Nachlasse, 1820; Der verhüllte Bote, 1833; Jungfrau Emerentia Lorenz von Tangermünde. Eine Legende, 1835; Gedichte, 1839.
Literatur: Neuer Nekr 21, 1845; Franz Brümmer, Lexikon der deutscher Dichter und Prosaisten, 1884; Hermann Kypke, Denkwürdigkeiten aus dem Leben des Freiheitskämpfers und Glaubensstreiters W. R., 1897 (B); Richard Setzepfandt, W. R., “der Freiheitskämpfer und Glaubensstreiter”, in: GeschBll 37, 1902, 245–254.
Guido Heinrich
letzte Änderung: 03.03.2005