Weskamm, Wilhelm
geb. 13.05.1891 Helsen/Waldeck (Westfalen),
gest. 21.08.1956 Berlin,
katholischer Theologe, Bischof.

W., ältester Sohn eines Eisenbahnbeamten, studierte in Paderborn und München katholische Theologie und wurde 1914 in Paderborn zum katholischen Priester geweiht. Nach kurzer Zeit als Kooperator und stellvertretender Leiter der kirchlichen Kriegsgefangenenhilfe in Paderborn war er dort von 1919 bis 1932 Domvikar. 1932 wurde er zum Pfarrer von Merseburg ernannt und 1943 als Nachfolger Heinrich Winkelmanns zum Propst an St. Sebastian in Magdeburg und somit zum Erzbischöflichen Kommissar für den östlichen Teil des Erzbistums Paderborn berufen. 1944 erfolgte seine Ernennung zum Dechanten des Dekanates Magdeburg und zum nichtresidierenden Domkapitular von Paderborn. Aufgrund der Kriegsverhältnisse und für den Fall, daß der Erzbischof nicht erreichbar sei, erhielt W. im Februar 1945 vom Erzbischof Lorenz Jaeger weitgehende Vollmachten übertragen, die wegen der abzusehenden Spaltung Deutschlands am 10.01.1949 endgültig auf den jeweiligen Magdeburger Kommissar transferiert wurden. Im Prinzip erhoben die Vollmachten W. in die Stellung eines Generalvikars für den östlichen Teil des Erzbistums. De facto begann dadurch eine weitere Verselbständigung des Kommissariates, die 1994 mit zur Errichtung des Bistums Magdeburg führte. Bedingt durch die 1945 erfolgte Trennung vom Mutterbistum Paderborn legte W. in Zusammenarbeit mit Finanzdirektor Johannes Kollwitz und Caritasdirektor Heinrich Solbach die Grundlage einer eigenen kirchlichen Verwaltung in Magdeburg. Zu diesem Zweck holte er auch die Priester  Hugo Aufderbeck und Heinrich Jäger nach Magdeburg. Für die nach 1945 aus den Ostgebieten Vertriebenen gründete er über 90 Seelsorgestellen; allein am 01.11.1947 errichtete W. per Dekret 63 Kuratien. Diaspora war für ihn nicht nur eine Last und Not, sondern Gnade und Chance eines bewußten Glaubens. 1949 wurde W. zum Zweiten Weihbischof von Paderborn mit Sitz in Magdeburg ernannt und am 30.11.1949 durch Erzbischof Jaeger in der St. Sebastianskirche in Magdeburg geweiht. Seit der Reformation residierte damit wieder ein katholischer Bischof in Magdeburg. 1951 wurde W. zum Bischof von Berlin ernannt. Während der Amtszeit W.s waren das Amt des Erzbischöflichen Kommissars und eines Propstes an St. Sebastian zum letzten Mal in Personalunion verbunden. Nach ihm wurden beide Ämter voneinander getrennt: Kommissar und neuer Weihbischof wurde der Paderborner Generalvikar Friedrich Maria Rintelen und neuer Propst der Pfarrer Peter Hoberg. W. gehörte zu den Persönlichkeiten, die das Leben der katholischer Kirche in der Sowjetischen Besatzungszone besonders geprägt haben. Schon 1947 gab er den Anstoß zu regelmäßigen Zusammenkünften der Ordinarien, aus denen später die Berliner Bischofskonferenz entstand. Im Blick auf die immer deutlicher werdende Teilung Deutschlands richtete er Ausbildungsstätten für die kirchlichen Dienste und Seminarien ein. Ihm ist die 1948 erfolgte Einrichtung des Magdeburger Seelsorgehelferinnenseminars (vgl. Martin Fritz) sowie 1952 die Errichtung des Norbertuswerkes in Magdeburg und des Philosophie-Theologie Studiums in Erfurt zu verdanken. Den staatlich Vertretern gegenüber trat er als geschickter Verhandlungspartner auf. Dem 75. Deutschen Katholikentag 1952 in Berlin gab er mit dem Leitwort “Gott lebt” sein Gepräge.

Werke: Josef Pilvousek (Hg.), Kirchliches Leben im totalitären Staat, Seelsorge in der SBZ/DDR 1945–1976, 1994, 448–458; Gerhard Lange/Ursula Pruß (Hg.), An der Nahtstelle der Systeme. Dokumente und Texte aus dem Bistum Berlin 1945–1990, 1996, 101–223.

Literatur: Wer war wer DDR, 911; Bischof W. W. zum Gedenken, 1956 (B); Rudolf Joppen, Das Erzbischöfliche Kommissariat Magdeburg, in: SkBK 21, 1978, 138–142; Eduard Quiter, Die Propstei Magdeburg, 1959, 39 (B); Ursula Nusser, Miterbauer des Bistums, 1979, 195–207; Bernd Schäfer, Staat und katholische Kirche in der DDR, 21999.

Bildquelle: *ZBOM.

Daniel Lorek/Peter Zülicke

letzte Änderung: 02.03.2005