Rintelen, Friedrich Maria Heinrich, Dr. theol.
geb. 12.12.1899 Ahlen/Westfalen,
gest. 09.11.1988 Paderborn,
katholischer Theologe, Bischof.

R. wurde als viertes von sechs Kindern eines Juristen geboren. In Hamm ging R. zur Rektoratsschule und zum Gymnasium. 1917 wurde er als Unterprimaner zur Armee eingezogen, kam als Offiziersaspirantenanwärter nach Hannover in die Kaserne und im März 1918 an die Front in Lothringen. Trotz Eisernen Kreuzes II und dem Bayrischen Verdienstkreuz 3. Klasse ließ er sich im März 1919 vom Armeedienst entbinden, bekam das Kriegsabitur und begann in München zu studieren. Bald wechselte er nach Paderborn, um dort ein Philosophisch-Theologisches Studium aufzunehmen. Anfang 1924 wurde er in Paderborn von Bischof Caspar Klein zum katholischen Priester geweiht und trat als Vikar in Egeln seinen Dienst an. 1927 wurde R. als zweiter Vikar an die Pfarrkirche St. Franziskus und Elisabeth nach Halle versetzt und lernte die sehr schwierige Aufgabe der Krankenbetreuung kennen. Angeregt durch Prälat Theodor Legge, den Generalsekretär der Akademie Bonifatius-Einigung, strebte er ab 1931 eine Promotion an, die er 1934 mit dem Druck seiner Doktorarbeit “Wege zu Gott” beendete. Als die Nationalsozialisten 1935 Legge verhafteten, wurde R. sein Nachfolger in Paderborn. Weil jedoch die Gestapo die Bonifatius- Einigung 1939 auflöste, übernahm er die Aufgabe des Pfarrers der Universitäts- und Marktkirche St. Pankratius und St. Xaverius in Paderborn. Seine seelsorgerliche Gemeindetätigkeit währte jedoch nicht lange, denn durch den neuen Erzbischof Lorenz Jaeger wurde ihm 1941 das Amt des Generalvikars übertragen. In dieser Funktion war R. auch für die Personalangelegenheiten des Erzbistums Paderborn zuständig. Obwohl er sich sehr für seine Mitarbeiter einsetzte, konnte er nicht verhindern, daß zwölf Paderborner Priester im Konzentrationslager ums Leben kamen. Nach Kriegsende galt seine Fürsorge besonders dem Ostteil des Erzbistums, dem Erzbischöflichen Kommissariat Magdeburg, wohin durch die Vertreibung mehrere hunderttausend Katholiken kamen. Oberste Priorität hatte für ihn, diesen Vertriebenen durch Priester seelische Geborgenheit zu geben. Als schließlich der Magdeburger Erzbischöfliche Kommissar, Weihbischof Wilhelm Weskamm, im Juni 1951 als Bischof nach Berlin ging, bat Erzbischof Jaeger R., dessen Nachfolger zu werden. Nachdem R. am 12.12.1951 von Papst Pius XII. zum Titularbischof von Chusira und zum zweiten Weihbischof von Paderborn mit Sitz in Magdeburg ernannt worden war, siedelte er nach Magdeburg über und wurde am 24.01.1952 in St. Sebastian zum Bischof geweiht. Von vornherein bekam R. in seiner bischöflichen Tätigkeit die Aus- und Abgrenzungspolitik der Regierung der DDR zu spüren, konnte aber eine gänzliche Abtrennung des Kommissariates vom “Mutterbistum” verhindern. Der atheistischen Propaganda versuchte R. durch Schaffung sogenannter “Religiöser Kinderwochen” und Einrichtung von Wallfahrten gegenzusteuern. In Hirtenbriefen machte er auf die Problematik des Atheismus aufmerksam. Sorge bereiteten ihm anfangs auch die Verhaftungen einiger Geistlicher, die in Schauprozessen abgeurteilt wurden. Um die Vertriebenen zu beheimaten, unterstützte er den Kirchenbau in den Gemeinden. Trotz oft massiver Widerstände seitens staatlicher Behörden konnten in seiner Amtszeit viele Bauten realisiert und neue Kirchengemeinden errichtet werden – nicht zuletzt deshalb, weil R. bei auftretenden Schwierigkeiten entsprechend intervenierte. Bedingt durch den politischen Kurs, mitteldeutsche Theologiestudenten nicht mehr zum Studium nach Paderborn bzw. ausgebildete Theologen nicht mehr in die DDR zu lassen, setzte er das Werk seines Vorgängers Weskamm fort und eröffnete 1952 auf der Huysburg bei Halberstadt ein Priesterseminar. Ebenfalls 1952 ließ er in Magdeburg das “Norbertuswerk” in der Sieverstorstraße mit Johannes Braun als Rektor beginnen, wo junge Männer ein kirchliches Abitur ablegen konnten, wenn diesen der Zugang zum staatlichen Gymnasium verwehrt wurde. Als Konzilsvater nahm er am II. Vatikanischen Konzil (1962–65) teil und setzte sich für dessen konsequente Umsetzung ein. Aufgrund der von der DDR erzwungenen fortschreitenden Loslösung des Kommissariates Magdeburg vom Erzbistum Paderborn erhielt R. 1967 vom Kardinal Jaeger alle durch einen Diözesanbischof übertragbaren Vollmachten. Einen Höhepunkt stellte für ihn die 1968 veranstaltete 1000-Jahr-Feier im Magdeburger Herrenkruggelände anläßlich der Gründung des alten Erzbistums Magdeburg dar. Anfang 1970 stellte R. nach einigen Querelen um sein Amt altersbedingt das bei Bischöfen übliche Rücktrittsgesuch. Im Sommer 1970 nahm der Heilige Stuhl die erbetene Erlaubnis des 70jährigen an, nach Paderborn zurückkehren zu dürfen. Er verließ am 24.06.1970 Magdeburg mit dem Zug, wobei eine größere Menschenmenge den populären Weihbischof auf dem Bahnhof verabschiedete. Sein Nachfolger Johannes Braun versah bis 1990 das Bischofsamt. R. starb kurz vor seinem 89. Geburtstag und wurde auf dem Kapitelsfriedhof des Paderborner Doms beigesetzt.

Werke: Des Christen Leiden und Sterben, in: Ich lebe und ihr lebet, 1937; Leben und Tod. Ein Blick in das Denken der Gegenwart, 1941; Der unsterbliche Irrtum, 1956; Erinnerungen ohne Tagebuch, 1982 (B).

Literatur: Wer war wer DDR, 705; Erwin Gatz (Hg.), Die Bischöfe der deutschsprachigen Länder 1785/1803–1945, 1983, 622; Rudolf Joppen, Das Erzbischöfliche Kommissariat Magdeburg, in: SkBK, Bd. 32, 1990, 10–15; Daniel Lorek, F. M. R. und sein bischöfliches Wirken 1952–1970, Diplom-Arbeit Ms. 1991; Bernd Schäfer, Staat und katholische Kirche in der DDR, 21999.

Bildquelle: *ZBOM.

Daniel Lorek

letzte Änderung: 03.03.2005