Beye, Bruno |
Der Sohn eines Klempners studierte 1911–14 an der Kunstgewerbeschule in Magdeburg. In dieser Zeit führten ihn Studienwanderungen nach Basel, Prag und Amsterdam. 1914–18 Soldat im I. Weltkrieg, nahm er 1916 an der ersten Expressionisten-Ausstellung in Magdeburg teil, für deren Katalog Kurt Pinthus ein Vorwort schrieb. Seit 1917 veröffentlichte die progressive linke Zeitschrift Die Aktion Arbeiten von B., der 1919 zu den Mitbegründern der der Berliner Novembergruppe nahestehenden Künstlervereinigung Die Kugel gehörte, die auch die gleichnamige Zeitschrift in Magdeburg herausgab (nur zwei Nummern). B. prägte wesentlich den Habitus und Duktus der Künstlervereinigung und arbeitete bis 1921 hier u. a. mit Max Dungert, Hans Heinz Stuckenschmidt, Franz Jan Bartels, Erich Weinert, Robert Seitz, Kurt Pinthus, Johannes R. Becher, Heinrich Schaefer, Theodor Däubler und Wilhelm Stolzenburg zusammen. Ab 1921 hielt er sich in Berlin auf, war zeitweilig Kabarettist im Brettl “Schall und Rauch” bei Käte Hyan und vertiefte dort auch seine Freundschaft mit Eberhard Viegener. 1922–24 war er im Rheinland und Westfalen tätig, stellte in mehreren Städten aus und arbeitete zeitweilig auch als Anstreicher und Hilfsarbeiter. 1925–28 lebte B. in Paris, besuchte hier die Académie Colarossi und arbeitete als Pressezeichner für französische und deutsche Zeitungen. Es entstanden zahlreiche bemerkenswerte Porträts aus der damaligen Pariser Szene. 1929–33 wieder in Magdeburg, veröffentlichte er als Mitarbeiter der sozialistischen Presse wesentliche antifaschistische Zeichnungen. Im Magdeburger Stadtparlament und im Landtag entstanden zahlreiche Porträtzeichnungen von Lokal- und Regionalpolitikern. Nach einer Hausdurchsuchung durch die Nationalsozialisten 1933 war B. zwischen 1934 und 1944 als Ausweichmanöver vor den nationalsozialistischen Machthabern ständig auf Reisen, u. a. in Spanien (Ausstellung in Barcelona), Marokko, Italien, Mecklenburg, Tirol und auf dem Balkan. Im Auftrag des untergehenden Dritten Reiches zeichnete er 1944/45 u. a. das von Bomben bedrohte Quedlinburg. 1945 kehrte er erneut nach Magdeburg zurück, wo in der Bombennacht vom 16.01.1945 große Teile seines Gesamtwerkes vernichtet worden waren. Nach Kriegsende war er mit Wilhelm Höpfner und Hermann Bruse an der Entnazifizierungsaktion im Kunstbereich beteiligt, gehörte zu den Mitbegründern des Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands in Magdeburg und arbeitete als Lehrer für den künstlerischen Nachwuchs. Mit der aufkeimenden Formalismusdiskussion wich B. erneut 1950–53 als Pressezeichner nach Berlin aus und arbeitete ab 1954 wieder in seiner Heimatstadt, wo er 1960 seine erste große Personalausstellung hatte. 1963 erhielt B. den Erich-Weinert-Kunstpreis der Stadt und 1975 den Kunstpreis des Bezirks Magdeburg. B. gilt als herausragender Porträtist und kritischer Zeitgeist und hat vor allem mit seinen spätexpressionistischen Arbeiten Eingang in die Kunstgeschichte gefunden.
Werke: Kranker Soldat, Ölgemälde, 1918; Triumph des Todes, Holzschnitte, 1918; Krieg und Frieden, Holzschnitte, 1918; Handzeichnungen, Aquarelle und Graphiken (KHM Magdeburg); Porträts von prominenten Künstlern und Teilnehmern des Weltfriedenskongresses in Berlin (Jörg-Heiko Bruns, Erfurt-Molsdorf; Heinz Kruschel, Magdeburg).
Nachlaß: KHM Magdeburg; Jörg-Heiko Bruns, Erfurt-Molsdorf; Sächsische Landesbibliothek Dresden.
Literatur: Saur AKL 10, 328; Vollmer 1, 1953, 202; Jörg-Heiko Bruns, Versuch einer Monographie, Diplomarbeit Universität Leipzig, 1981 (W); Heinz Kruschel, B. B. oder: Müssen Nutzen und Schönheit die ewigen Feinde sein?, 1981; Jörg-Heiko Bruns, B. B., Zeichnungen, Kat. Galerie erph, Erfurt 1983; Thomas Rietzschel (Hg.), Die Aktion 1911–18. Eine Auswahl, 1986; Die Aktion. Sprachrohr der Expressionisten. Sammlung Dr. Kurt Hirche, Kat. Bonn, 1984/85; Stephanie Barron (Hg.), Expressionismus – Die zweite Generation, 1915–25, 1989; Jörg-Heiko Bruns, B. B., 1990; Gerhart Söhn, Hdb. der Original-Graphik in deutschen Zss., Mappenwerken, Kunstbüchern und Katalogen, 1890–1933, 1992 (alle Holzschnitte B.s in “Aktion” und “Sichel” mit Titelei abgebildet); Renate Hagedorn, Die Kugel. Eine spätexpressionistische Künstlervereinigung der 20er Jahre, Kat. Magdeburg 1993; Rainer Zimmermann, Expressiver Realismus – Malerei der verschollenen Generation, 1994.
Bildquelle: *Sammlung und Archiv Jörg-Heiko Bruns, Erfurt-Molsdorf (privat).
Jörg-Heiko Bruns
letzte Änderung: 01.02.2005