Rebling,
Gustav, Prof. |
R. erhielt zunächst Unterricht von seinem Vater Friedrich R., dem Kantor an der Stadtkirche in Barby. Nach dem Besuch der Musikschule Friedrich Schneiders in Dessau 1836–1839 ließ er sich in Magdeburg als Lehrer für Gesang und Pianofortespiel nieder. Bis 1853 war er zugleich Organist an der kleinen französisch-reformierten Kirche, von 1847 bis 1855 unterrichtete er außerdem am Lehrerseminar. Am 01.12.1854 wurde R. als Nachfolger Johann Joachim Wachsmanns Dirigent des Domchores und Gesanglehrer am Domgymnasium. Von 1858 bis 1900 war er nurmehr Organist an der Johanniskirche. R. gründete 1846 den Kirchengesang-Verein, 1862 übernahm er den Männerchor Zweite Liedertafel. Beide gehörten bald zu den leistungsfähigeren deutschen Chören, die sich in Magdeburger Konzerten, auf Musikfesten und bei Konzertreisen jeder anspruchsvollen Komposition gewachsen zeigten. Nach dem Tod Julius Mühlings (1880) erhielt R. die Leitung der Gesellschaftskonzerte, die er 1889 an Fritz Kauffmann abgab. Seit 1885 stand er den gemeinsamen Veranstaltungen der Vereinigten Magdeburger Gesangvereine vor. Berufungen nach außerhalb zu folgen, lehnte er stets ab. R. wurde zu den bedeutendsten Chorerziehern und -dirigenten seiner Zeit gerechnet. In seinen jüngeren Jahren ein hervorragender Pianist, entwickelte er sich zu einem geachteten Organisten. Als Dirigent war er von oft überschäumendem Temperament, das sich mit einer außergewöhnlichen Fähigkeit verband, zu organisieren und Menschen zu führen. Zunächst im Verein mit August Gottfried Ritter und Julius Mühling, nach deren Tode allein, war R. die das Magdeburger Musikleben der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bestimmende musikalische Autorität. Die eindrucksvolle Liste aller vom Kirchengesang-Verein von 1846 bis 1896 aufgeführten Werke bezeugt seinen wagemutigen Einsatz für die damalige zeitgenössische Chormusik. 1856 sang der Chor beim Magdeburger Musikfest Beethovens neunte Sinfonie unter der Leitung von Franz Liszt. Musikhistorisch bedeutsam wurde seine Mitwirkung an der Grundsteinlegung des Festspielhauses in Bayreuth am 22.05.1872. R. arbeitete im Magdeburger Tonkünstler-Verein mit, gehörte der Gesellschaft für Musikforschung an und war seit seiner Gründung 1861 Vorstandsmitglied des Allgemeinen Deutschen Musikvereins. 1856 erhielt er den Titel eines Königlichen Musikdirektors, 1896 den Professorentitel. Von R.s eigenem kompositorischen Schaffen, das stets hinter seinen anderen Aufgaben zurücktrat, fanden die Psalmvertonungen und die Sonaten für Klavier und Violoncello damals und heute wieder Beifall. Die sonstigen Klavier-, Lied- und Chorkompositionen sind zu zeitgebunden und gegenwärtig bedeutungslos.
Werke: op. 1–60 Lieder, Gesänge für gemischten und für Männer-Chor (darunter zahlreiche nach patriotischen Texten); Sonaten und Romanzen für Violoncello und Klavier bzw. Orchester; Choralvorspiele, Präludium und Fuge für Orgel. – Ausgaben: Johann Heinrich Rolle, Gesammelte Motetten; Sammlung deutsch-evangelischer Kirchenmusik des XVI. und XVII. Jahrhunderts. Zum bestimmten Gebrauch des Königlichen. Berliner Domchors (2 Bde), o. J.
Literatur: Riemann, 51900, 918; Hobohm, Bd. 1, 636–644; G. R., in: Der Chorgesang 3, Nr. 7, vom 01.01.1888; Otto Meyer, Chronik der Zweiten Liedertafel zu Magdeburg 1843–1868–1893. Den Mitgliedern ders. zur 50jährigen Jubelfeier am 30.04.1893 gewidmet, 1893; Der Kirchengesangs-Verein zu Magdeburg. Festgabe bei Gelegenheit seines 50jährigen Jubiläums am 11.10.1896; Paul Frank, Kleines Tonkünstlerlexikon 111910, 337f.; Max Hasse, G. R. Zur Erinnerung an seinen 100. Geburtstag, in: Magdeburgische Zeitung vom 09.07.1921; Bernhard Engelke, R. und Robert Franz, in: ebd. vom 18.06.1922.
Bildquelle: *Musikalisches Wochenblatt 8, 1877, 273.
Wolf Hobohm