Wachsmann, Johann Joachim Peter
geb. 01.02.1787 Uthmöden,
gest. 25.07.1853 Barby,
Lehrer, Chordirigent.

W. war der Sohn des gleichnamigen Schulmeisters, Küsters und Kantors in Uthmöden und seiner Frau Catharina Elisabeth geb. Paarmann aus Satuelle. Er besuchte von 1800 bis 1803 die Schule in Neuhaldensleben, 1803–1806 das Gymnasium in Salzwedel, 1806–1810 das mit dem Magdeburger Domgymnasium verbundene Lehrerseminar. An allen Schulen gehörte er dem “Singechor” an, in Magdeburg war er Präfekt des Domchores. Anschließend genoß er den Unterricht Carl Friedrich Zelters in Berlin. Zelter wurden “vom Departement des Cultus und Unterrichts Eleven überwiesen, für deren Ausbildung ihm besondere Remuneration zugestanden wurde”. Unter den sieben mit “vorzüglich befriedigend” bezeichneten Schülern befand sich neben Johann Gottfried Hientzsch (Breslau), August Wilhelm Bach (Berlin) und August Eduard Grell (Berlin) auch W. Nach seiner Rückkehr ließ er sich als (Privat-) “Musiklehrer” (so das Adreßbuch 1817) in Magdeburg nieder. Vor 1814 (der genaue Termin ist unbekannt) gründete er eine Singakademie, mit der er öffentliche Konzerte gab. 1816 erhielt er die “Concession zur Anlegung einer Singschule”. Seine Absicht war, “hierdurch nicht allein den Choral und Volksgesang zu bilden, sondern auch diejenigen, welche dazu Beruf haben, zu höherem Chorgesange vorzubereiten”. 1817 wurde W. zum Gesangslehrer am Lehrerseminar und 1818 zum Chor- und Musikdirektor am Dom und Gesangslehrer am Domgymnasium ernannt. Seine erste Aufgabe war die Neugründung des Domchores (am 01.01.1819) “zur Aufführung von Kirchenmusiken und zur Leitung und Führung des Kirchengesanges in der Domkirche” und zum Singen “in den Stadtkirchen, bei Leichenbegängnissen, bei Concerten und bei besonderen feierlichen Gelegenheiten”. Nach der Neuorganisation des Domseminars zum selbständigen Lehrerseminar 1823 blieb W. als Lehrer für Vokalmusik angestellt. Das Adreßbuch führt ihn 1823 auch als Gesangslehrer an der Gesang- und Zeichen-Schule, ab 1826 als Gesangslehrer an der Höheren Töchterschule. In den 1820er Jahren hatte er weiterhin die Leitung der Konzerte der Gesellschaft Vereinigung inne. Er war Mitveranstalter und -organisator der Musikfeste 1821 und 1822 in Magdeburg, beteiligte sich 1824 mit Mitgliedern seines Domchores am “Musikfeste zu Klopstocks Säcularfeier in Quedlinburg” und war maßgeblich bei der Vorbereitung und Durchführung des ersten Elbmusikfestes 1825 in Magdeburg tätig. Den von ihm 1838 mitbegründeten Lehrergesangverein leitete er bis 1848 “in selbstloser Hingabe und treuem Eifer”. 1847 gehörte W. der starken Magdeburger Delegation auf der ersten Versammlung deutscher Tonkünstler und Musikfreunde in Leipzig an. Aus Krankheitsgründen mußte er kurz vor seinem Tode um die Versetzung in den Ruhestand nachsuchen. W. wurde zum Domchordirigenten in Erwägung seiner “wohlbekannten und bewährten Geschicklichkeit im Gesangunterricht” und seiner “gründlichen Kenntnis alles dessen, was zur ordentlichen Leitung des gedachten Instituts erfordert wird …”, ernannt. Die Allgemeine Musikalische Zeitung 1837 urteilte: “Er ist ein denkender, gebildeter Musiker, dem Magdeburg den ersten Aufschwung in der Musik verdankt.” Er begründete den Ruf seines Lehrergesangvereins und wurde durch ihn zum Vorbild einer ganzen Magdeburger Chorleitergeneration. Auf den Aufschwung der Lehrervereine und -feste der Provinz Sachsen vor und im Jahr 1848 übte er durch den Lehrergesangverein einen bedeutenden Einfluß aus. Seine Gesangschüler waren u. a. die hervorragende Dilettantin Louise Kayser, Solistin der Musikfeste Magdeburg 1821 und 1822 sowie Quedlinburg 1824, und der Stimmbildner und Musikforscher Gustav Wilhelm Teschner. W.s Kompositionen, Lehrbücher und Sammlungen trugen den lokalen kirchlichen, schulischen und chorischen Bedürfnissen Rechnung. Heute noch lebt sein Kanon “Wachet auf, wachet auf, es krähte der Hahn”.

Werke: Lieder, geistliche und weltliche Gesänge, Motetten für gemischten und Männerchor, Choralsammlungen, Schulliederbücher, Lehrbücher und Liedsammlungen für den Gesangsunterricht, Fibeln und Schulliederbücher in der Kochschen Ziffernschrift.

 Literatur: Hobohm, Bd. 1, 649–656; Programm des Königlichen Dom-Gymnasiums zu Magdeburg 1854, 34; Hugo Holstein, Geschichte des Königlichen Domgymnasiums zu Magdeburg. Fs. zur Feier seines 200jährigen Bestehens am 18.09.1875, 109; Hermann Mendel/August Reißmann, Musikalisches Conversations-Lexikon, Bd. 10, 21881, 151ff.; ebd., Bd. 11, 232; Salomon Kümmerle, Encyklopädie der evangelischen Kirchenmusik, Bd. 4, 1895, 16 (mit richtigen Lebensdaten im Gegensatz zu allen sonstigen Lexika); Wilhelm Leinung, Fs. zur Feier des 60jährigen Bestehens des Magdeburger Lehrer-Gesang-Vereins 1838–1898; Max Schipke, Geschichte des Akademischen Instituts für Kirchenmusik in Berlin, in: Fs. zur Feier des hundertjährigen Bestehens des staatlichen Akademischen Instituts für Kirchenmusik in Berlin. 1822–1922, 8f.; Erich Valentin, C. F. Zelters Beziehungen zu Magdeburg, in: MonBl 74, 1932, 153–156; Georg Schünemann, Carl Friedrich Zelter, der Begründer der Preußischen Musikpflege, 1932, 37, 46, 50f.; Wolfgang Otten, Der Magdeburger Domchor. Zu seinem 120jährigen Bestehen, in: MonBl 81, 1939, 19–20, 22f.

Wolf Hobohm