Brandt, Gustav Adolph, Prof.
geb. 06.05.1838 Helmstedt,
gest. 06.12.1919 Magdeburg,
Organist, Chorleiter, Komponist, Königlicher Musikdirektor.

Seine Eltern – der Vater Andreas B. war Großherzoglicher Ökonomierat – ließen B. nach dem Besuch der Höheren Bürgerschule eine pädagogische und musikalische Ausbildung am Lehrerseminar Halberstadt (1855–58) zuteil werden. Seit 1858 war B. in Magdeburg im Lehramt an der zweiten Volksknabenschule tätig. Neben der Ausübung seines Berufs studierte er weiter bei Domorganist August Gottfried Ritter. 1865 gab er seine Lehrerstelle auf, um sich ganz der Musik zu widmen. Im Mai 1866 wurde B. als Organist der St. Katharinen-Kirche in Magdeburg angestellt. Dieses Amt bekleidete er bis zu seiner Pensionierung Anfang 1918. Studienreisen führten ihn nach Italien, England und Holland. B.s Bedeutung für das Magdeburger Musikleben liegt in seiner Tätigkeit als Chordirigent. Er übernahm die Leitung der Ersten Magdeburger Liedertafel und war als Pianist des Tonkünstler-Vereins, dessen Vorsitz er innehatte, tätig. 1872 gründete er den B.schen Gesangverein. Zu großen Aufführungen konnte er die Sänger des Reblingschen Kirchen-Gesangvereins (Gustav Rebling) als Mitwirkende gewinnen. Die Breite seiner musikalischen Interessen ist erstaunlich: Sie reicht von Schützschen Passionen über Händel-Oratorien, Beethovens IX. Symphonie, Verdis “Requiem”, Mendelssohn-Bartholdys “Elias” bis zu Oratorien der Zeitgenossen (u. a. Max Bruch). 1888 wurde B. in Anerkennung dieser Leistungen zum Königlichen Musikdirektor ernannt. Bei der Einweihung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals 1897 leitete B. als (von sämtlichen 700 Sängern der Stadt) gewählter Dirigent die Chöre. Daneben wird seine Fähigkeit als Organist gerühmt, besonders das Bachsche Orgelwerk lag ihm am Herzen. Zahlreiche Schülerinnen und Schüler hat er im Klavierspiel, in Gesang und Musiktheorie unterrichtet. 1904 wurde ihm auf Antrag von Oberbürgermeister Gustav Schneider und Superintendent August Trümpelmann der Titel eines Professors verliehen. Aus Anlaß des 50. Dienstjubiläums erhielt B. 1917 den Königlichen Kronen-Orden III. Klasse. Gotthold Frotscher urteilt über die choralgebundenen Arbeiten B.s wohl etwas einseitig, und Zeitgenossen rühmen gerade seine Fähigkeit, in den Vor- und Nachspielen die “durch die Predigt hervorgerufene Stimmung im Ton weiter ausklingen zu lassen” (Trümpelmann). Die umfangreiche Passacaglia in F, die 1885 im “Ritter Orgel Album”, herausgegeben von Rudolph Palme, erschien, zeigt B.s Fähigkeit, historische Formen und zeitgenössische Harmonik stilsicher zu verarbeiten.

Werke: 130. Psalm für gemischten Chor und Soli; Präludium und Fuge für Orgel; Psalmen, Lieder, Quartette, Orgelstücke, Klavierschule.

Literatur: Ferdinand Albert Wolter, Geschichte der Stadt Magdeburg, 1901, 315; Gotthold Frotscher, Geschichte des Orgelspiels, Bd. 2, 1935, 1202.

Archivalien: StadtA Magdeburg: Rep. A18III L 39 Bd. 1; AKPS: Rep. A, Spec. G, A 17285.

Johannes Fischer

letzte Änderung: 01.02.2005