Wolterstorff, Christian Heinrich Friedrich Wilhelm, Dr. phil. |
W., Sohn des Salzwedeler Predigers Gottfried W., besuchte das Gymnasium seiner Heimatstadt, studierte 1846–47 evangelische Theologie und Philosophie in Halle und wechselte danach an eine andere Universität. W. trat später in den Staatsdienst ein und wurde, nachdem er einschlägige Erfahrungen im Verwaltungsdienst gesammelt hatte, 1860 zum Bürgermeister von Calbe gewählt. Das Amt übte er bis 1869 aus. 1872 kam er nach Magdeburg und übernahm für 27 Jahre die Leitung der Stadtbibliothek. Ein Jahr später trat er das Amt des Stadtschulrates an, das er bis 1899 ausfüllte. Als Stadtschulrat war W. Mitglied der von der Regierung 1867/68 installierten Ortsschulbehörde und beanspruchte die bereits von seinem Vorgänger Ernst Grubitz ausgeübte städtische Schulinspektion. Erst ab 1889 wurde ihm der Titel eines Kreisschulrates zuerkannt, der diese Aufgabe offiziell einschloß. Dennoch vertrat er die Errungenschaften seines Vorgängers und vermehrte den Ruf Magdeburgs als Stadt mit einem fortschrittlichen, zentral geleiteten, einheitlichen städtischen Schulwesen, das als vorbildlich für andere Städte galt. Besondere Verdienste erwarb sich W. bei der Neustrukturierung der städtischen Bibliothek. Unmittelbar nach Amtsübernahme wurde eine eigene Magistratsbibliothek errichtet, die bis heute als Verwaltungsbücherei mit öffentlichem Zugang existiert. Damit entband W. die Stadtbibliothek vom Status der Behördenbücherei. Der gesamte Vermehrungsstock konnte nun zum Ankauf allgemein wissenschaftlicher Literatur verwendet werden. W. verwirklichte den Anspruch einer allgemeinen Bildungsbibliothek für die gebildeten Stände mit erweiterten Öffnungszeiten. 1874 erschien ein 236 Seiten starker neuer Bibliothekskatalog, der 1881 einen Nachtrag von 39 Seiten erhielt. W. war ab 1874 Mitglied der Magdeburger Loge “Ferdinand zur Glückseligkeit”, in der er das Redneramt ausübte. Sein Sohn Willy Wolterstorff wurde 1875 erster Konservator und wissenschaftlicher Angestellter des Museums für Naturkunde in Magdeburg.
Literatur: Ernst Neubauer, Geschichte der Stadtbibliothek Magdeburg, in: GeschBll 45, 1910, 22–24; Arthur Reichsritter von Vincenti, Geschichte der Stadtbibliothek Magdeburg 1525–1925, 1925, 92f. (*B); Julius Laumann, Die Entwicklung der Schulverwaltung der Stadt Magdeburg von 1818–1889, in: GeschBll 74/75, 1939/41, 181f.
Heike Kriewald