Müller, Albin Camillo, Prof. (ab 1917 Albinmüller)
geb. 13.12.1871 Dittersbach/Erzgebirge,
gest. 02.10.1941 Darmstadt,
Architekt, Kunstgewerbelehrer, Maler.

Der Sohn eines Landwirts und Schreinermeisters absolvierte 1884–87 eine Tischlerlehre in der väterlichen Werkstatt. Anschließend arbeitete er als Geselle in verschiedenen Tischlereien und Möbelfabriken, studierte 1893–97 an der Kunstgewerbeschule in Mainz und an der Akademie in Dresden. Zur Finanzierung seines Studiums war er für verschiedene Unternehmen als Möbelzeichner tätig. 1899 erhielt er seine erste Auszeichnung für Innenarchitektur auf der Ausstellung “Heim und Herd” in Dresden. 1900 erfolgte seine Berufung als Lehrer an die Kunstgewerbe- und Handwerkerschule Magdeburg. Zunächst erteilte er Zeichenunterricht und übernahm 1903 eine Entwurfsklasse für Metallgestaltung und Innenraum. Ab 1905 leitete er die neue Abteilung für Innenraum und Architektur und schuf in dieser Zeit das Stilzimmer der Neuzeit im 1906 in Magdeburg neueröffneten Kaiser-Friedrich-Museum sowie das Trauzimmer im Standesamt (1905, zerstört). 1906 folgte M. einem Ruf an die Künstlerkolonie Darmstadt, war dort 1907–11 Lehrer für Raumkunst an den Großherzoglichen Lehrateliers für angewandte Kunst und wurde hier 1907 zum Professor ernannt. In dieser Zeit avancierte er zum führenden Architekten der Künstlerkolonie. Nach dem I. Weltkrieg entwarf M. zunächst Siedlungshäuser und brachte zahlreiche Architektur- Publikationen heraus. Die Vielseitigkeit M.s erstreckte sich in seinen Entwürfen auf fast alle Bereiche künstlerischer Gestaltung wie Textil- und Möbeldesign, Innenraumarchitektur, Gebrauchsgegenstände, Gebäude oder Gartenanlagen. In der Folgezeit war er auch als Maler tätig. M.s künstlerische Formensprache wurzelte im Jugendstil. Während seiner Magdeburger Lehrtätigkeit fand er jedoch zu einer konstruktiven Gestaltung und strengen, tektonischen Ornamentik, die auch für sein Spätwerk charakteristisch wurde. In Magdeburg bildete er sich zudem autodidaktisch zum Architekten. M. brachte einen neuen künstlerischen Geist in die Magdeburger Lehranstalt ein. Seine Möbelentwürfe sorgten auf internationalen Ausstellungen für Furore. Gußeiserne Briefbeschwerer, Leuchter und Tischuhren – für das Stolbergsche Hüttenamt in Ilsenburg entworfen – feierten auf der Weltausstellung in St. Louis große Erfolge und belebten den künstlerischen Eisenguß neu. In St. Louis erhielt M. auch für den Entwurf und die Ausführung eines modernen Herrenarbeitszimmers (sogenanntes “Magdeburger Zimmer”) den Grand Prix, beteiligte Magdeburger Künstlerkollegen erhielten Goldmedaillen (u. a. Paul Bürck, Hans von HeiderFritz von Heider, Paul Lang). Durch seine Mustereinrichtungen zählte er bald zu den renommiertesten Innenarchitekten der modernen Bewegung. 1906 nahm er an der III. Deutschen Kunstausstellung in Dresden, 1908 an der Hessischen Landesausstellung in Darmstadt und 1910 an der Weltausstellung in Brüssel teil. Nach dem I. Weltkrieg beschäftigte sich M. verstärkt mit dem Holzbau und entwarf verschiedene Siedlungs- und Einfamilienhäuser. Von Bedeutung war seine 1926 erfolgte Berufung zum Architekten der Deutschen Theaterausstellung in Magdeburg, wo er neben den Entwürfen für das Pferdetor, den Aussichtsturm und weitere Gebäude (u. a. das “Weiße Haus”, zerstört) auch mit der Gesamtkonzeption für das berühmt gewordene Ausstellungsensemble betraut war. Ab 1928 wandte sich M. mit theoretischen Studien zur modernen Baukunst dem Sakralbau und monumentalen Denkmälern zu, ab 1934 beschäftigte er sich verstärkt mit Landschaftsmalerei und Schriftstellerei. M. gehörte zu jenen richtungsweisenden deutschen Künstlern, die an der Schwelle des 20. Jahrhunderts versuchten, die erstarrte bürgerliche Kunst zu reformieren.

Werke: Innenarchitektur: Dankwarth & Richters Weinstuben, Magdeburg 1903/04 (zerstört); Sanatorium Dr. Barner, Braunlage/Harz 1908–10. – Bauten: u. a. Haus Ramdohr, Magdeburg 1911–12; Haus Wendel, Magdeburg 1912; Haus Oppenheimer, Darmstadt 1912–13; Grabmahl Hahn, Magdeburg 1913–14; Krematorium, Magdeburg 1919; Entwurf für das Stadttheater Dessau, 1923; Löwentor Darmstadt, 1914/1927 (mit Bernhard Hoetger). – Schriften: Schule des Kunsthandwerks, in: Kunstgewerbeblatt, Jg. 15, 1904; Architektur und Raumkunst, 1909; Werke der Darmstädter Ausstellung und anderer Arbeiten nach Entwürfen 1914, 1917; Holzhäuser, 1921; Neue Holzbauten, in: Innendekoration, Jg. 35, 1924; Neue Werkkunst, 1927; Neuere Arbeiten, 1928; Denkmäler, Kult- und Wohnbauten, 1933; Aus meinem Leben, Ms. um 1940.

Literatur: NDB 18, 346f.; Vollmer 1, 1953, 24; Norbert Eisold, Die Kunstgewerbe- und Handwerkerschule Magdeburg 1793–1963, Kat. Magdeburg 1993 (*B); Klaus Wolbert, Künstlerkolonie Mathildenhöhe Darmstadt 1899–1914, 1999; Olaf Gisbertz, Bruno Taut und Johannes Göderitz in Magdeburg, 2000.

Bildquelle: Museum Künstlerkolonie Darmstadt.

Günter Paulke

letzte Änderung: 01.03.2005