Heider, Friedrich (Fritz) Maximilian von, Prof.
geb. 03.09.1868 München
gest. 03.01.1947 Oberaudorf, Ortsteil Niederaudorf/Bayern,
Keramiker, Graphiker, Tiermaler, Kunstgewerbelehrer.

Der Sohn einer erfolgreichen Münchner Chemiker- und Keramikerfamilie erhielt seine theoretische und praktische Ausbildung im Fach Keramik in der Werkstatt seines Vaters Maximilian v. H. in München und ab 1898 in dessen Werkstätten in Schongau am Lech. Bereits ab 1884 beschäftigte sich H. eigenständig mit praktischen und theoretischen Aspekten der Keramik, u. a. auch mit den alten italienischen, deutschen, persischen und japanischen Majoliken. H. studierte ab 1884 an einer Privatschule in München bei Professor Heinz Heim, besuchte 1889–90 die Akademie in Karlsruhe unter dem Tiermaler Hermann Baisch und befaßte sich einige Jahre eigenständig in München mit Tier- und Landschaftsmalerei, bevor er ab 1895 seine Studien an der Kunstakademie in München bei Heinrich von Zügel (“Komponierschule”) abschloß. H., der 1893 mit zwei Ölgemälden in der Münchner Sezession und 1897 mit Keramiken im Münchner Glaspalast debütierte, war schon frühzeitig auf Ausstellungen erfolgreich und erhielt mehrere Auszeichnungen, u. a. den Grand Prix auf der Weltausstellung 1904 in St. Louis (sogenanntes Magdeburger Zimmer, mit Albin Müller) und die Silbermedaille auf der III. Deutschen Kunstgewerbeausstellung 1906 in Dresden. Er trat mit Entwürfen für Wandfliesen mit kräftig modellierten Tierfiguren auf, die sich in Graublau oder Weiß vom rötlichen Untergrund mit lichtgrünen Flecken abhoben (Hauptmotive: Panther, Antilope, Fuchs, Hermelin, Schwan). In seiner Malerei befaßte er sich besonders mit der Wirkung des Lichtes. 1901 richtete die Kunstgewerbe- und Handwerkerschule Magdeburg für H. und dessen Bruder Hans v. H. eine Keramikwerkstatt ein, um zur “Hebung des keramischen Gewerbes daselbst Unterricht zu erteilen”. Beide wurden 1901 als Hilfslehrer an der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule Magdeburg angestellt. Mit dem Weggang seines Bruders Hans 1905 nach Stuttgart übernahm H. die Leitung der Werkstatt und erhielt ab 1906 eine volle Lehrerstelle (ab 1915 als Professor), die er bis zu seiner Emeritierung 1932 innehatte. Mit seiner Einstellung als hauptamtlicher Lehrer wurde zudem eine eigenständige Fachklasse Keramik eingerichtet, die bis 1933 bestand. H. unterrichtete in Magdeburg auch die Fächer Figürliches Zeichnen nach lebenden Modellen, Schattieren nach Modellen und Zeichnen nach der Natur. 1907–18 holte er seinen Vater an die Magdeburger Schule, der zur Unterstützung seiner Arbeiten Unterricht in Chemie für Keramiker erteilte und auch die 1911 eingerichtete Sonntagsschule für Keramiker mitbetreute. 1912 gründete H. mit Rudolf Bosselt den Künstlerverein Börde, arbeitete in dessen Vorstand mit und trat im selben Jahr in den von Hermann Muthesius gegründeten Deutschen Werkbund ein. Durch seine Arbeiten trug H. wesentlich mit dazu bei, daß die künstlerische Keramik in Deutschland wieder Anschluß an die internationale Entwicklung fand. H., der für seine Keramiken pastellartige Farbtöne bevorzugte, nutzte die Eigenheiten des Tons und der Glasuren, um durch Glasurfluß und Rißbildung (Krakelierung) künstlerische Effekte zu erzielen. Er entwarf Modelle für die industrielle Serienproduktion von Keramik-Ziergefäßen, Wandbrunnen und Kaminen. Bekannt wurde er durch sein Frittensteinzeug mit Lüsterglasuren, Fayencefliesen mit Tierfiguren sowie Kamine und Hausfriese in Lüstermalerei. Die Entwürfe wurden meist in großer Serie in der Familienfirma Max v. H. & Söhne in Schongau am Lech, aber auch in Zusammenarbeit mit den Magdeburger Unternehmen Paul & Miller, Reps & Trinte, der Buckauer Porzellan-Manufaktur und der Harzer Keramik von Karl Schomburg in Ilsenburg produziert. Für die Brauntöpfereien von Ziesar und Goerzke entwarf H. im Auftrag der königlichen Regierung Steinzeug-Muster, nach denen über Jahre mit Erfolg produziert wurde. H. lebte nach seiner Emeritierung wieder in seiner bayerischen Heimat.

Werke: Keramikobjekte, Bilder (KHM Magdeburg); Arbeiten in den Museen von Leipzig, Breslau, Troppau und Antwerpen sowie Bilder im Lenbachhaus München.

Literatur: Thieme/Becker 16, 264; Jahresberichte der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule Magdeburg, 1901ff.; Hermann Schmitz, Moderne deutsche Kunsttöpfereien, in: Deutscher Export, Nov. 1907, 3–6; Friedrich Jansa, Deutsche bildende Künstler in Wort und Bild, Leipzig 1912, 249 (*B); Münchner Maler im 19. Jahrhundert, Bd. 2, 1981; Dieter Zühlsdorff, Marken-Lexikon, Porzellan- und Keramik-Report 1885–1935, Bd. 1, 1988; Norbert Eisold, Die Kunstgewerbe- und Handwerkerschule Magdeburg 1793–1963, Kat. Magdeburg 1993, 21ff.; Jürgen Erlebach/Jürgen Schimanski (Hg.), Westerwälder Steinzeug – Die neue Ära 1900–1930, 1987.

Archivalien: Bundesarchiv Berlin: Sign. R 4901, Abteilung X, Fach H, Nr. 8, H 222 (PA); Geheimes StA Berlin: HA I, Rep. 120, Abt. X, Fach 2, Nr. 18, Bde 8–15 (Akten der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule Magdeburg).

Gerd Kley

letzte Änderung: 02.02.2005