Winckel, Richard |
Nach dem Abschluß des Gymnasiums in Marburg/Lahn besuchte W. die Kunstgewerbeschule in Düsseldorf. Es folgte eine Ausbildung als Lithograph in Nürnberg, da W. die graphischen Aufgaben in der Fabrik seines Vaters übernehmen sollte. Nach der Lehre war er auch als Lithograph in Leipzig tätig, entschied sich aber für eine Ausbildung zum Maler. Er studierte deshalb in München und Berlin. Ab 1894 hielt er sich zu Studienzwecken an der Académie Julian in Paris auf. Längere Studienaufenthalte in Rom und London folgten, in den 1890er Jahren unternahm er Reisen durch Deutschland, Italien und Frankreich. Zahlreiche Skizzenbücher belegen seine Reisetätigkeit (Hefte aus Berlin, 1894, aus Paris, 1894/95, und aus München, 1896, im Kulturhistorischen Museum Magdeburg). Eine Freundschaft mit dem Verleger Reinhard Piper vermittelte ihm Aufträge für Buchtitel und Illustrationen. Bis 1905 war W. freischaffend in Berlin ansässig und wurde dann an die Kunstgewerbe- und Handwerkerschule nach Magdeburg berufen. Bis zu seiner Pensionierung 1932 war er Professor und Leiter der Klasse für Radierung und Lithographie an dieser Schule. Schon während seiner Lehrtätigkeit wurde er als ein hervorragender Porträtgraphiker eingeschätzt, wie es nur wenige in Deutschland gab. 1929 verfaßte er über die Kunstgewerbeschule eine Denkschrift mit dem Titel “Ars Una”, in der er seine Vorstellungen vom Kunstunterricht formulierte. W. war Lehrmeister später bekannter Künstler wie Annemarie Heise und Katharina Heise oder Richard Oelze. Der vielseitige Graphiker beherrschte alle Drucktechniken und hinterließ ein umfangreiches Werk von Porträts, Stadtansichten, Landschaften und Naturstudien.
Werke: Lithographien: Prof. Emil Thormählen, um 1910; Prof. Theodor Volbehr, 1920; Prof. Albin Müller, 1930; Radierungen: Herbstmesse, 1910; Blick auf St. Johannis, um 1920 (alle KHM Magdeburg).
Literatur: Thieme/Becker 36, 60; Deutschlands, Östereich-Ungarns und der Schweiz Gelehrte, Künstler und Schriftsteller in Wort und Bild, 21911, 663f.; Deutsche Künstlerbund erste Ausstellung, Kunstverein Magdeburg e.V. 1933; Ausstellung von Gemälden und Bildwerken von Künstlern aus dem Gau Magdeburg-Anhalt, 1938; Norbert Eisold, Die Kunstgewerbe- und Handwerkerschule Magdeburg 1793–1963, Kat. Magdeburg 1993, 25, 55, 138f., 159; Matthias Puhle (Hg.), Magdeburg in Bildern von 1492 bis ins 20. Jahrhundert, 1997, 251, 296.
Bildquellen: KHM Magdeburg: Selbstporträt; *Archiv Günter Paulke, Magdeburg (privat): Selbstbildnis.
Sabine Liebscher