Benühr, Hermann Heinrich Carl (auch: Heinrich B. Nühr)
geb. 22.10.1883 Ludwigslust,
gest. 07.08.1939 Hamburg,
Schriftsteller.

Der Sohn eines Stellmachers und Böttchers wuchs in Göhlen bei Ludwigslust auf, wollte nicht den vom Vater vorgegebenen Beruf erlernen, sondern weg aus dem engen Dorf und schreiben. Er stand unter dem Einfluß eines Bauern aus dem Nachbardorf, der fließend Latein sprach. Bis 1924 arbeitete B. in Hamburg als Versicherungsmathematiker, anschließend in Magdeburg bei der Allianz-Versicherung. Er war ein Autodidakt, aber nach Bruno Beye “ungeheuer belesen”, bescheiden und zurückhaltend. Den Cervantes kannte er auswendig, obwohl er nur die Volksschule besucht hatte. Für B. war es ein Glück, in Magdeburg auf die avantgardistische Künstlervereinigung Die Kugel zu treffen, der Maler wie Beye, Max Dungert, Franz Jan Bartels, die Dichter Robert Seitz, Maximilian Rosenberg und Wilhelm Stolzenburg, der Komponist Hans Heinz Stuckenschmidt u. a. angehörten. B. machte sich in den 1920er Jahren einen Namen als Lyriker und Erzähler und veröffentlichte seine ersten Gedichte im Selbstverlag; später erschienen sie in zahlreichen großen deutschen Zeitungen. Sein “Dichter Mäuseklee”, eine Sammlung von ironisch-sarkastischen Gedichten, erschien 1924 im legendären Leon-Hirsch-Verlag in Berlin, der die Geschichte der deutschen Literatur in der Weimarer Republik mit beeinflußt hat. Gedichte, wie “Lu Tino”, “Mondschein-Ballade” und “Mäuseklee im Nachtstuhl” wurden oft in Kabaretts zitiert. B. blieb ein Leben lang zeitkritisch. Schwer erkrankt, in Armut lebend und ohne Pensionsanspruch, wurde er von einigen Freunden unterstützt; seine Frau ernährte die Familie. Beye porträtierte B. mehrmals. Krank kehrte der Dichter in das Obotritendorf Göhlen bei Ludwigslust zurück, aus dem er Ende des 19. Jahrhunderts ausgezogen war. Er plante mehrere Bücher über seine Heimat (“Das rote Dorf”, “Das braune Dorf”, “Das grüne Dorf”), aber leider sind alle Roman-Manuskripte verschollen, nur Auszüge blieben erhalten (vgl. Anthologie “Saat in die Zukunft”, 1947). B. schilderte seine Heimat auf empfindsame Weise, ohne volkstümelnd zu wirken.

Bildquelle: *Jörg-Heiko Bruns, Erfurt-Molsdorf (privat): Lithographie von Bruno Beye.

Heinz Kruschel