Klewitz, Siegfried Paul Martin, Dr. phil.
geb. 09.04.1888 Möckern,
gest. 01.01.1970 Gnadau bei Schönebeck,
Stadtrat, Kommunalpolitiker,
Kirchenpolitiker, Oberregierungsrat, Oberkonsistorialrat.

Seine Schulbildung hatte der Nachfahre von Wilhelm Anton von Klewiz (ursprüngliche Schreibung des Familiennamens) an der Landesschule Schulpforta und am Gymnasium in Quedlinburg erhalten. Das Studium der Volkswirtschaftslehre und der Rechtswissenschaften führte ihn an die Universitäten Kiel, Berlin, Lausanne und Halle. In Halle legte er das Examen ab und erwarb den Doktortitel. K. war Kriegsteilnehmer im I. Weltkrieg. Seine Berufslaufbahn begann er 1911 als Assessor an den Handelskammern Geestemünde und Posen. 1914–20 war er Magistratsassessor in Quedlinburg und wechselte danach als Syndikus zur Gebrüder Dippe AG in Quedlinburg. Im Herbst 1927 wurde er zum besoldeten Stadtrat in Magdeburg gewählt. Er galt als befähigter Verwaltungsfachmann. 1932 war K. Mitbegründer der Philosophischen Gesellschaft in Magdeburg. Als Liberaler war er Mitglied der Deutsche Volkspartei (DVP) und gehörte zeitweise deren Bezirksvorstand an. Er führte im Auftrage des Oberbürgermeisters die Verhandlungen mit Rudolf Nebel über das Vorhaben, 1933 den ersten bemannten Raketenflug in der Geschichte der Menschheit von Magdeburg aus zu starten. Nach der Vertreibung des Oberbürgermeisters Ernst Reuter aus dem Amt durch die Nationalsozialisten nahm K. kurzzeitig dessen Geschäfte wahr. Nach 1933 trat er nicht der NSDAP bei. Dennoch blieb K. nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten als Stadtkämmerer (1933–1939) unter dem Oberbürgermeister Fritz Markmann im Amt. 1938 wurde er zum ordentlichen Mitglied in die Deutsche Akademie für Bauforschung in Berlin berufen. Seit 1940 hatte K. die Leitung der Verwaltungsabteilung und der Geschäftsstelle des Repräsentanten-Kollegiums der Bergwerksgesellschaft Georg von Giesches Erben übernommen, die in Magdeburg ein Werk errichtet hatte. 1943 wurde K. allerdings mit Hinweis auf seine fehlende Mitgliedschaft in der NSDAP in den Ruhestand versetzt. Daher bemühte er sich um eine Anstellung als Jurist am Konsistorium der Kirchenprovinz Sachsen in Magdeburg, die er ab Januar 1944 erhielt und bis Anfang Mai 1945 ausführte. Am 04.05.1945 setzte ihn die amerikanische Besatzungsmacht in Quedlinburg in das Amt des Landrates ein, aus dem er nach dem Besatzungswechsel durch die sowjetischen Behörden wieder entfernt wurde. K. kam erneut nach Magdeburg und wurde ab Juli 1945 bei der Bezirksregierung in Magdeburg Oberregierungsrat, eine Stellung, die er bis Ende August 1946 behielt. Bereits zu dieser Zeit wurden dem Liberalen K. von der Besatzungsmacht und den mit ihr verbündeten Kommunisten spürbare Vorbehalte entgegengebracht. Seine Ernennung zum Oberkonsistorialrat am Evangelischen Konsistorium in Magdeburg am 01.09.1946 war einerseits Ausdruck seiner engen Verbundenheit mit der evangelischer Kirche, andererseits auch der Weg aus dem für einen Liberalen immer problematischer werdenden Staatsdienst heraus. Politisch blieb K. weiter innerhalb der Liberal-Demokratischen Partei (LDP) aktiv und wurde im Magdeburger Stadtparlament deren Fraktionsvorsitzender. Im Zusammenhang mit der Stalinisierung begann Anfang 1950 ein politisches Kesseltreiben mit überregionaler Resonanz gegen K. Er war eines der prominenten Opfer dieser Kampagne, verlor sein Mandat und wurde aus der LDP ausgeschlossen. Als Finanzdezernent des Magdeburger Konsistoriums wurde K. 1957 im Zusammenhang mit Geldtransaktionen aus der Bundesrepublik Deutschland für die Kirchen in der DDR verhaftet und mehrere Monate in Haft gehalten (vgl. Kurt Grünbaum). Begleitet war dies von einer öffentlichen Verleumdungskampagne. In einem politisch motivierten Prozeß wurde K. jedoch lediglich zu einer Bewährungsstrafe verurteilt und anschließend auf freien Fuß gesetzt. Als Oberkonsistorialrat trat er am 01.05.1958 in den Ruhestand. Eine Übersiedlung in die BRD hat K. mehrfach abgelehnt. Er starb während einer Eisenbahnreise und wurde in Magdeburg beigesetzt.

Werke: Erinnerungen von Dr. S. K., Ms. (Familie K., St. Ingbert).

Literatur: Ludwig Geißel, Unterhändler der Menschlichkeit. Erinnerungen, 1991, 257–263; Gerhard Besier, Der  SED-Staat und die Kirche. Der Weg in die Anpassung, 1993, 237–239.

Bildquelle: *Manfred Wille, Magdeburgs Aufbruch in die Moderne, 1995.

Mathias Tullner

letzte Änderung: 09.02.2005