Nebel, Rudolf
geb. 21.03.1894 Weißenburg/Bayern,
gest. 18.09.1978 Düsseldorf,
Ingenieur, Raketenpionier.

Der Raketenpionier, Maschinenbauingenieur und Erfinder erhielt seine Ausbildung in München. Hier studierte er an der Technischen Hochschule, wo er 1919 das Ingenieurdiplom erwarb. N. entwickelte schon früh eine Leidenschaft zur Fliegerei. Mit 18 Jahren erwarb er mit einem selbstgebauten Grade-Eindecker (Hans Grade) den Flugschein. Damit zählte N. zu den “Alten Adlern”. Im I. Weltkrieg war N. Jagdflieger. Er entwickelte in diesem Zusammenhang ein Verfahren, mittels am Flugzeug angebrachter Pulverraketen den Gegner zu bekämpfen (“Nebel-Werfer”). Nach dem Krieg war N. ein erfolgreicher Ingenieur und erwarb zahlreiche Patente. Zu den beruflichen Stationen gehörte auch die Tätigkeit im Technischen Büro der Firma Siemens & Halske von Februar 1927 bis Ende 1928 in Magdeburg. 1929 stieß er zur Gruppe von Professor Hermann Oberth, die mit einem Raketenbauprojekt für die Filmgesellschaft UFA beschäftigt war. Nach dem Mißlingen des Projektes und dem Rückzug Oberths gründete N. zusammen mit Klaus Riedel 1930 in Berlin-Reinickendorf den ersten Raketenflugplatz der Geschichte. 1932 trat der Magdeburger Ingenieur Franz Mengering mit N. und seiner Gruppe in Verbindung, um ihn für einen Raketenstart in Magdeburg zu interessieren. Die Magdeburger Stadtverwaltung unter Oberbürgermeister Ernst Reuter konnte für das Projekt eines bemannten Raketenstarts gewonnen werden. Sie versprach sich davon Prestigegewinn für die Stadt und war bereit, inmitten der Weltwirtschaftskrise einen finanziellen Beitrag zu leisten. Im Januar 1933 wurde ein förmlicher Vertrag zwischen der Stadt Magdeburg und N. über den ersten bemannten Raketenstart geschlossen. Als “Raketen-Pilot” war Kurt Heinisch aus der Gruppe um N. vorgesehen. Nach vielfältigen Vorbereitungen gelang im Juni 1933 auf dem Gelände des Gutes Mose bei Magdeburg, das Amtsrat Alfred Druckenbrodt als Gelände zur Verfügung gestellt hatte, der unbemannte Start einer Modellrakete. Zu einem bemannten Versuch ist es nicht gekommen. Das Vorhaben eines bemannten Raketenstarts wurde schließlich auf Verfügung der Nationalsozialisten abgebrochen. Der kurzzeitig inhaftierte N. mußte die Raketenversuche und die Propaganda darüber einstellen. Er betrieb später mit anderen in Berlin und schließlich in Bad Wilsnack ein Ingenieurbüro, wo N. nach dem II. Weltkrieg kurzzeitig eine Rolle im Kreisverband der Liberal- Demokratischen Partei (LDP) spielte. Danach ging er nach Westfalen. 1964 war er als Berater bei der Gesellschaft für Weltraumforschung in Bad Godesberg tätig und wurde 1965 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. In dieser Zeit erwarb N. sich Verdienste durch die umfangreiche Popularisierung des Gedankens der Weltraumfahrt. 1969 war N. Ehrengast beim Start der “Apollo 11”-Mission in den USA.

Werke: Raketenflug, 1932; Die Narren von Tegel. Ein Pionier der Raumfahrt erzählt, 1972.

Literatur: NDB 19, 15f.; Doris Freudig (Hg.), Lexikon der Naturwissenschaften, 1996, 305; Frank-E. Rietz, Die Magdeburger Pilotenrakete 1933. Auf dem Weg zur bemannten Raumfahrt?, 1998.

Mathias Tullner

geändert: 09.06.2004