Grünbaum, Robert Karl Eduard Kurt
geb. 05.04.1892 Storkow/Mark,
gest. 09.04.1982 Prerow/ Darß,
Jurist, Konsistorialpräsident, Domkurator.

G., Sohn des Arztes Ernst G., studierte Rechtswissenschaften in Heidelberg und Kiel. Nach Prüfung und Vereidigung stand er von 1914 bis 1918 im Kriegsdienst. Nach seinem Referendariat und kurzer Tätigkeit als Gerichtsassessor arbeitete er von 1922 bis 1925 als Rechtsanwalt. Daneben versah er juristische Hilfsdienste am Evangelischen Konsistorium der Mark Brandenburg, in dessen Dienst er 1925 als Konsistorialrat trat. 1928 wechselte G. als Ministerialrat an die geistliche Abteilung des preußischen Ministeriums für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung und wirkte dann ab 1935 bis 1945 als Ministerialrat im Reichskirchenministerium. Auch nach dem Krieg war G. mit der Gestaltung des Staat-Kirche-Verhältnisses befaßt. Nach kurzer Tätigkeit als Regierungsdirektor des brandenburgischen Finanzministeriums (1945–47) oblag ihm die Bearbeitung kirchlicher Angelegenheiten im Volksbildungsministerium. Nach seiner Entlassung war G. zunächst Brandenburger Domkurator, dann von 1950 bis 1952 Hauptabteilungsleiter für die Verbindung zu den Kirchen in der Regierungskanzlei der DDR. 1953–54 versah er seinen Dienst als Oberkonsistorialrat in Berlin-Brandenburg. 1954 siedelte G. nach Magdeburg über, wo er als Nachfolger von Bernhard Hofmann bis zu seiner Pensionierung 1958 als Konsistorialpräsident wirkte. Im Ruhestand bekleidete er zahlreiche Nebenämter, so weiterhin das des Domkurators in Brandenburg, das des kommissarischen Leiters der Kirchenkanzlei in Berlin und des Stiftshauptmanns in Heiligengrabe. Als Jurist stand G. wechselseitig im Dienst des Staates und der Kirche, in deren Spannungsfeld er zeitlebens unter z. T. schwierigsten Bedingungen arbeitete. Sowohl in der Weimarer Zeit, im Dritten Reich als auch in der DDR war er dabei Anwalt der Kirchen. So auch in Magdeburg. Als Konsistorialpräsident klagte er immer wieder energisch die Rechte der Kirche aus staatlicher Unterstützung ein. Ende der 1950er Jahre traf G. angesichts sich zuspitzender Verhältnisse eine unglückliche Entscheidung, die seiner Karriere fast eine jähes Ende gesetzt hätte. Zusammen mit dem Finanzreferenten Siegfried Klewitz versuchte er, in West-Berlin befindliches DDR-Geld der Kirche wegen des staatlich angeordneten Notenbankwechsels vor der drohenden Entwertung zu schützen und in die DDR einzuschleusen. Am 13.10.1957 brachten G. und Klewitz etwa 400.000 DM der Deutschen Notenbank (Ausgabe 1948) von West-Berlin nach Magdeburg. Gut 100.000 Mark wurden an verschiedene Mitarbeiter in und um Magdeburg zum Umtausch verteilt, den Rest des Geldes deponierte G. auf dem Dachboden seiner Wohnung im Ulmenweg 8. Der Geldtransfer wurde jedoch bekannt und das Geld auf dem Dachboden G.s gefunden. G. wurde verhaftet und der Fall von Seiten der DDR zu einem Schauprozeß ausgebaut. Antikirchliche Flugblätter und Schmähschriften wurden im großen Stil unter die Leute gebracht. G. wurde wegen Anstiftung zum Betrug und Verstoßes gegen das Devisengesetz zu zweieinhalb Jahren Haft und 10.000 Mark Strafe verurteilt. Die Haftstrafe wurde nach drei Monaten hauptsächlich wegen des hohen Alters G.s auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Die Kirche stellte sich weiter hinter ihn, und so blieb G. bis zu seiner Pensionierung im Amt. Der Fall G. löste besonders in Westdeutschland große Empörung aus, zumal die Bitte des späteren Bundespräsidenten Gustav Heinemann, G. verteidigen zu dürfen, vom DDR- Justizministerium rigoros abgelehnt wurde. Nach 1958 war er wiederum Domkurator zu Brandenburg und wirkte von 1961 bis 1971 als Jurist und Referent in der Kirchenkanzlei der Evangelischen Kirchenunion.

Literatur: Gerhard Besier, SED-Staat und die Kirche, 1993, 337ff.; ders. (Hg.), “Pfarrer, Christen und Katholiken”. Das MfS und die Kirchen, 1992, 12, 900; Frédéric Hartweg (Hg.), SED und Kirche. Eine Dokumentation ihrer Beziehungen, 1995, 583; Ehrhard Neubert, Geschichte der Opposition in der DDR 1949–1989, 1997, 76; Clemens Vollnhals, Die Kirchenpolitik von SED und Staatsicherheit. Eine Zwischenbilanz, 21997, 140–143

Archivalien: AKPS: AZ A 139 I.

Bildquelle: *ebd.

Matthias Neugebauer