Achard, François Charles (Franz Carl), Prof.
geb. 28.04.1753 Berlin,
gest. 20.04.1821 Cunern/Schlesien,
Chemiker, Akademiedirektor,
Förderer und Pionier der Rübenzuckerindustrie.

A. war Sohn des Predigers an der Werderschen Kirche in Berlin, Guillaume (Wilhelm) A. 1776 wurde er zunächst als Kollaborator des namhaften Chemikers Andreas Sigismund Marggraf an die Physikalische Klasse der Akademie der Wissenschaften in Berlin berufen. Bereits 1782 folgte er Marggraf im Amt und übernahm das Direktorat der Physikalischen Klasse. 1784 begann er in Kaulsdorf bei Berlin mit Anbau- und Verarbeitungsexperimenten mit Runkelrüben, stellte 1799 König Friedrich Wilhelm III. die Ergebnisse seiner Experimente vor und empfahl, die Rübenzuckerfabrikation en gros aufzunehmen. Im gleichen Jahr reiste A. nach Magdeburg zum Kammerpräsidenten  Ludolph von Angern und informierte ihn über seine Erfindung. Dem Besuch folgte ein umfangreicher Schriftwechsel, der für die Förderung und künftige bedeutende Entwicklung der Rübenzuckerfabrikation im Magdeburger Raum von großer Wichtigkeit war. Die Magdeburgische Zeitung informierte ihre Leser ausführlich über die Erfindung A.s; der Rübenzucker wurde zeitweise zum wichtigsten Gesprächsthema in Magdeburg. 1801/02 errichtete und betrieb A. in Cunern/Schlesien, unterstützt durch erhebliche finanzielle Zuwendungen des Königshauses, die weltweit erste Rübenzuckerfabrik. Unter dem Schutz der Kontinentalsperre entstanden in Preußen schnell weitere Rübenzuckerfabriken. Allein im Stadtgebiet von Magdeburg arbeiteten 1812 acht Fabriken. Erfolgreichster Rübenzuckerfabrikant war  Johann Wilhelm Placke, welcher bereits 1800/01 in Neustadt bei Magdeburg mit der Errichtung entsprechender Produktionsanlagen begonnen hatte. Er konsultierte A. persönlich in Cunern und bezog später von ihm selektiertes Rübensaatgut. 1812/13 erreichte Placke mit 80.000 Zentnern verarbeiteter Zuckerrüben eine europäische Rekordleistung. 1807 brannte die Fabrik in Cunern ab, und A. errichtete dort eine Lehranstalt für die Rübenzuckerfabrikation. Nach Aufhebung der englischen Seesperre stellten die Rübenzuckerfabriken unter dem Konkurrenzdruck des Rohrzuckers nahezu vollständig ihren Betrieb wieder ein. A. starb 1821 in Cunern und erlebte die zweite Blüteperiode des von ihm begründeten neuen Industriezweiges, die um 1830 einsetzte, nicht mehr. Er gilt als Begründer der Rübenzuckerfabrikation und Schöpfer der Kulturpflanze Zuckerrübe.

Werke: Vorlesungen über die Experimentalphysik, 1791; Ausführliche Beschreibung der Methode nach welcher bei der Kultur der Runkelrübe verfahren werden muß, 1799; Die europäische Rübenzuckerfabrikation, 1809.

Literatur: ADB 1, 27f.; NDB 1, 27f.; Alwin Rümpler, Die Rübenzuckerindustrie in Schlesien vor hundert Jahren, in: Die Deutsche Zuckerindustrie 26, 1901, 1693–1697, 1735–1739 u. ö.; ders., Archivalische Studien über die Anfänge der Rübenzuckerindustrie in Schlesien, in: ebd. 27, 1902, 1638–1642, 1711–1714 u. ö.; ebd. 28, 1903, 63–67, 113f. u. ö.; Carl Scheibler, Actenstücke zur Geschichte der Rübenzuckerfabrikation in Deutschland während ihrer ersten Entwicklung, in: Zs. des Vereins der Deutschen Zuckerindustrie 65, 1915, 447–513Rudolf Grotkaß, Die Zuckerfabrikation im Magdeburgischen, ihre Geschichte vor und während der Kontinentalsperre sowie weiter bis zum Jahre 1827, dem Beginn der neuen Periode, in: Wilhelm Stieda/Hans Leonhard (Hg.), Magdeburger Wirtschaftsleben in der Vergangenheit, Bd. 2, 1927; ders., F. C. A.s Beziehungen zum Auslande, seine Anhänger, seine Gegner, in: Centralblatt für die Zuckerindustrie 37, 1929, 585–593, 1381f. u. ö.; ebd. 38, 1930, 45f., 78–80 u. ö.; Wilhelm Stieda, F. K. A. und die Frühzeit der deutschen Zuckerindustrie, 1928; Erhard Junghans, F. C. A. Zum 175jährigen Jubiläum der Rübenzuckerfabrikation, in: Lebensmittelindustrie 24, 1977, 173–178.

Bildquelle: *Archiv Klein Wanzlebener Saatzucht AG; Zucker-Museum Berlin.

Erhard Junghans