Leonhard, Hans Conrad, Dr. phil., Dr. rer. pol.
geb. 20.09.1872 Leipzig,
gest. 14.01.1951 Leipzig,
Wirtschaftsjurist.

L. verbrachte die Jugend- und Ausbildungszeit in seiner Heimatstadt. Nach dem Besuch der Bürgerschule und des Realgymnasiums studierte er in Leipzig Philosophie, Nationalökonomie, Statistik und Rechtswissenschaften. 1902 promovierte er an der dortigen Universität zum Dr. phil. mit der Dissertation “Samuel Selfisch, ein deutscher Buchhändler am Ausgang des 16. Jahrhunderts”, einer in Fachkreisen sehr beachteten Arbeit, weil L. bei seinen Studien die älteste Buchbinderordnung Wittenbergs von 1557 wiederentdeckt hatte. Anschließend war er anderthalb Jahre wissenschaftlicher Hilfsarbeiter bei der Handelskammer Lübeck. Im Oktober 1903 trat er in die Dienste der Handelskammer Magdeburg, übernahm 1909 als Syndikus die Geschäftsführung der Kammer (ab 1924 Industrie- und Handelskammer) und verhalf ihr in seiner Amtszeit, die durch Krieg, Inflation und Neuorientierung der deutschen Wirtschaft in den 1920er Jahren geprägt war, zu großem Aufschwung. Dabei paßte er die Industrie- und Handelskammer durch Rationalisierung den neuen wirtschaftlichen Anforderungen an und erwarb sich besondere Verdienste bei der Aufstellung einheitlicher Vorschriften für vereidigte Sachverständige. L. war auf Grund seiner Dienststellung auch mit der Geschäftsführung des Verbandes mitteldeutscher Handelskammern und des Zweckverbandes der Industrie- und Handelskammer Magdeburgs und Halberstadts betraut. In seiner Funktion als Syndikus hielt er bei den von der Regierung veranlaßten und der Förderung des Handwerks dienenden Meisterkursen Vorträge über Rechtskunde, Volkswirtschaftslehre und Genossenschaftswesen. Das bis dato für diese Anforderungen fehlende Lehrmaterial verfaßte er unter dem Titel “Der Handwerker in Staat und Recht” (1909) selbst. L. erkannte frühzeitig die Problematik der bloßen Weitergabe von Gesetzen, Verordnungen und Mitteilungen der Handelskammer an deren Mitglieder und schuf deshalb, in Abänderung der seit 1897 herausgegebenen Verhandlungen und Mitteilungen der Ältesten der Kaufmannschaft, ab 1917 die Wirtschaftszeitung der Handelskammer zu Magdeburg, ein Informationsblatt für die Kammern in Magdeburg und Halberstadt. Besondere Verdienste erwarb sich L. bei der wissenschaftlichen Erforschung der Magdeburger Wirtschaftsgeschichte. Seine Forschungsergebnisse publizierte er in zahlreichen Beiträgen zu wirtschaftlich-geschichtlichen Aspekten. Im Auftrag der Industrie- und Handelskammer erarbeitete er gemeinsam mit Wilhelm Stieda die dreibändige Abhandlung “Magdeburgs Wirtschaftsleben in der Vergangenheit” (1925–28). 1929 promovierte L. mit der Dissertation “Die Kaufleute-Brüderschaft zu Magdeburg, von der Zerstörung der Stadt bis zum Ausgang der westfälischen Zeit” an der Universität Halle zum Dr. rer. pol. Kommunalpolitisch engagierte sich L. als stellvertretender Vorsteher der Stadtverordnetenversammlung und als Magistratsmitglied. Im Oktober 1937 trat L. in den Ruhestand. Zwei Jahre später zog er auf Grund einer schweren Erkrankung seiner Frau mit seiner Familie wieder nach Leipzig.

Werke: Zur Frage des Gerichtsstandes der Buchhändler, -drucker und -binder in Wittenberg und anderen deutschen Universitätsstädten während der Zeit von 1555 bis 1730, 1902; Denkschrift zum hundertjährigen Jubiläum der IHK Magdeburg, 1925; Die Kaufleutebrüderschaft zu Magdeburg. Von der Zerstörung der Stadt bis zum Ausgange der westfälischen Zeit, in: Magdeburgs Wirtschaftsleben in der Vergangenheit, Bd. 3, 1928, 1–279; Hdb. der IHK zu Magdeburg, 1929.

Literatur: Geleitwort, in: Magdeburgs Wirtschaftsleben in der Vergangenheit, Bd. 3, 1928, VII-XII.

Bildquelle: *ebd.

Horst-Günther Heinicke