R. war der Sohn von Heinrich R. (geb. 10.04.1823 Buttstädt/Thüringen, gest. 11.05.1881 Magdeburg), der 1846 mit Otto Tübner die Firma Reichardt & Tübner, Landesproduktengeschäft, gegründet hatte. Im Laufe der Jahre nahm der Zuckerhandel in dem Unternehmen eine zunehmend führende Position ein. Heinrich R. gehörte Ende der 1860er Jahre zu den ersten Exporteuren deutschen Rohzuckers. Als zweites Standbein errichtete er 1863 mit seinem Schwager die Buckauer Dampfbier-Brauerei Reichardt & Schneidewin. R. wurde zum Kaufmann ausgebildet, studierte 1873–76 Naturwissenschaften in Berlin und trat 1878 als Prokurist in die väterliche Firma ein. Nach dem Tod des Vaters wurde er Teilhaber des Unternehmens, das er ausbaute und erfolgreich weiterführte. In der Folgezeit widmete sich R. in erster Linie dem Zuckerhandel. Er gehörte 1885 neben Bernhard Lippert zu den Mitbegründern des Deutschen Zucker-Export-Vereins, als dessen Vorsitzender er sich hervorragende Verdienste um die deutsche Zuckerindustrie erwarb. Ende 1889 wählten die Magdeburger Kaufleute R. in das Ältestenkollegium der Korporation der Kaufmannschaft bzw. der später daraus entstandenen Magdeburger Handelskammer, deren Dritter Vorsteher er unter dem Vorsitzenden Wilhelm Zuckschwerdt ab 1915 war. Als Vorsitzender und Mitglied zahlreicher Ausschüsse der Magdeburger Handelskammer sowie des Deutschen Handelstages vertrat er die Interessen der Magdeburger Kaufmannschaft. Neben seinen wirtschaftlichen Aktivitäten engagierte sich R. in besonderer Weise für die Kommunalpolitik. Er war seit 1888 Mitglied der Stadtverordnetenversammlung und trat Ende 1893 als unbesoldeter Stadtrat in den Magistrat ein, dem er bis zum März 1919 angehörte. R., der von 1893 bis 1903 auch Vertreter Magdeburgs im Preußischen Landtag war, erhielt 1911 in Anerkennung seiner Verdienste um die Stadt Magdeburg die Würde eines Stadtältesten.

Literatur: Hans Leonhard, Denkschrift zum hundertjährigen Jubiläum der IHK Magdeburg, 1925, 70f.

Bildquellen: Martin Behrend, Magdeburger Großkaufleute, 1906; *LHASA.

Horst-Günther Heinicke