Zuckschwerdt, Wilhelm
Ludwig Max, Dr. rer. pol. h.c. |
Der einer in Magdeburg hoch angesehenen Kaufmannsfamilie entstammende Z., Sohn des Hermann Z., besuchte das Realgymnasium in Magdeburg und absolvierte anschließend eine kaufmännischen Lehre in der Kolonialwarenbranche. Der frühe und unerwartete Tod des Vaters zwang den erst 21jährigen ohne große praktische Erfahrung zum Einstieg in die vom Großvater gegründete und vom Vater zum bedeutenden Unternehmen des Bank- und Zuckergeschäfts ausgebaute Firma Zuckschwerdt & Beuchel, die vorübergehend von seiner Mutter weitergeführt und von ihm 1875 übernommen wurde. Anfangs erfolgte ein kontinuierlicher Ausbau des Zucker- und Bankgeschäfts. Mit der Zunahme der direkten Geschäftsabwicklung zwischen den Inlandraffinerien und der Kundschaft gab Z. 1897 das Inlandgeschäft auf und verlagerte das Geschäftsfeld hauptsächlich auf das Bankgeschäft. Z., der sich besondere Verdienste um die Entwicklung des Magdeburger Handels erwarb, wurde bereits im Alter von 32 Jahren in das Ältestenkollegium der Magdeburger Korporation der Kaufmannschaft berufen und fungierte hier von 1885 bis 1896 als Handelsrichter. Mit der Umwandlung der Korporation in eine Handelskammer im Januar 1899 wurde Z. Erster stellvertretender Vorsteher und von Ende 1904 bis Anfang 1931, als Nachfolger von Otto Hubbe, Erster Vorsteher der Handelskammer bzw. ab 1924, den sich ändernden wirtschaftlichen Bedingungen entsprechend, der Industrie- und Handelskammer Magdeburg. Er verhalf durch seine Sachkenntnis und Fachkompetenz, durch sein zielsicheres und geschicktes Auftreten der Kammer bei sämtlichen Berufsvertretungen zu hohem Ansehen. Z. engagierte sich besonders für den Bau des Mittellandkanals, dessen Führung bis zur Elbe bei Magdeburg Ende 1920 nach langen Verhandlungen beschlossen wurde. Für seine erfolgreichen Bemühungen um dieses Projekt sowie für seine Anregungen zur Erforschung der Wirtschaftsgeschichte Magdeburgs wurde Z. 1922 von der philosophischen Fakultät der Universität Leipzig mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet. 1908 rief er eine Stiftung zur Abhaltung wissenschaftlicher Vorträge ins Leben, um die Ausbildung junger Kaufleute und Techniker zu fördern. Nach dem I. Weltkrieg richtete er infolge neuer steuerlicher Gesetzgebungen eine Steuerauskunftsstelle für Gewerbetreibende ein. Der 1906 zum Geheimen Kommerzienrat ernannte Z. war u. a. mehrfacher Vorsitzender und Aufsichtsratsmitglied großer Magdeburger Aktiengesellschaften, Mitglied im Bezirksausschuß Magdeburg der Deutschen Reichsbank, des Aufsichtsrates und Vorsitzender des Ortsausschusses Magdeburg der Disconto-Gesellschaft, außerdem Mitglied des Hauptausschusses und des Ausschusses für Kredit-, Geld- und Bankwesen des Deutschen Industrie- und Handelstages, des Landesausschusses der Preußischen Industrie- und Handelskammer, des Reichseisenbahnrates, des Landeseisenbahnrates Magdeburg der Deutschen Reichsbahn, des Elbe-Wasserstraßenbeirates sowie des Börsenausschusses beim Reichswirtschaftsministerium Berlin. Z. war von 1901 (Kommerzienrat) bis 1909 (Geheimer Kommerzienrat) Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses für den Regierungsbezirk Magdeburg und von 1911 bis 1918 Mitglied des Preußischen Herrenhauses. Im selben Jahr erhielt er den Roten Adlerorden II. Klasse mit Eichenlaub. Nach der altersbedingten Niederlegung des Amtes als Vorsteher der Industrie- und Handelskammer wurde Z. deren Ehrenpräsident.
Literatur: Reichshdb 2, 2099f.; Martin Behrend, Magdeburger Großkaufleute, 1906, 9, 14, 64f., 88f. (*B); Hans Leonhardt, Geheimer Kommerzienrat W. Z. – 25 Jahre Erster Vorsteher der IHK Magdeburg, in: Wirtschaftszeitung Zs. der IHK Magdeburg und Halberstadt 13 vom 09.12.1929, 385–388; Georg Wenzel (Hg.), Deutsche Wirtschaftsführer, 1929, Sp. 2540.
Bildquelle: LHASA.
Horst-Günther Heinicke