Schaeffer-Heyrothsberge, Paul |
Der Sohn eines hohen Justizbeamten studierte seit 1911 Architektur in Danzig, in Karlsruhe bei Prof. Ostendorff und in Braunschweig bei Prof. Mühlenpfort. Bevor er in Magdeburg sein erstes Büro gründete, legte S. in Berlin das Examen als Regierungsbaumeister ab. Die Grundlagen dafür erhielt er im Hochbauamt I in Magdeburg unter Regierungsbaumeister Reichelt. 1921 begann S.s Schaffensperiode in Magdeburg, die bis 1945 dauerte und nur durch die Inflation zeitweise unterbrochen wurde. Als erste große Bauvorhaben dieser Zeit entstanden 1921 das Verwaltungsgebäude für das Eisen- und Stahlwerk Otto Gruson & Co. in Magdeburg, Laborgebäude des Krupp-Gruson-Werkes in der Freien Straße sowie Bauten für die Firma W. A. Drenckmann, Dampfmühle in Magdeburg-Sudenburg. Es folgten diverse Gebäude für Banken, Versicherungsgesellschaften und die Industrie, insbesondere 1925 die Ausstellungsbauten auf der Deutschen Zuckerausstellung Magdeburg und das Geschäftshaus Baresel an der Olvenstedter Chaussee (unvollendet), 1926/28 Um- und Erweiterungsbauten für die Vereinigten Ölfabriken Gustav Hubbe – G. W. Farenholtz, Werk Magdeburg-Sudenburg (1922/23) und Werk Friedrichstadt (1926/28) sowie 1927/28 das Verwaltungsgebäude der Maschinenfabrik Buckau R. Wolf AG. Damit setzte S. Maßstäbe für moderne Industriearchitektur in Magdeburg. Seine Erfahrungen beim Bau von Arbeiterwohnstätten veröffentlichte er 1932. Insgesamt entstanden in seinen Büros mit bis zu 120 Mitarbeitern Entwürfe und Unterlagen für 6.500 Wohnungen. Als Vorsitzender der Ortsgruppe Magdeburg des Bundes Deutscher Architekten (BDA) war S. Wortführer in der Auseinandersetzung um die Auftragsvergabe bei öffentlichen Bauvorhaben zwischen den im BDA zusammengeschlossenen Magdeburger Architekten und der Stadt Magdeburg. 1932 wirkte er zudem als zweiter Vorsitzender des Magdeburger Vereins für Deutsche Werkkunst. Gemeinsame Aufgaben führten zu einer freundschaftlichen Zusammenarbeit mit dem Maler Prof. Thol, mit Fritz von Graevenitz und Prof. Mattern. S. baute 1930–1932 das erste Hochhaus Magdeburgs – das einzige in der Weimarer Republik – für den Zeitungsverlag Faber. Das 13 geschossige, 45 Meter hohe, gegenwärtig noch als Verlagshaus bestehende denkmalgeschützte Gebäude wies für diese Zeit besondere architektonische Elemente aus: eine Natursteinverkleidung mit Travertin, rasterartige Lochfassaden auf allen vier Seiten sowie einen zentralen Treppenturm, der an der Außenfassade mit einer Geschoßhöhe über das Flachdach hinausgezogen war. Ein halbrund verglaster, laternenartiger Aufsatz bildete die besondere Dachkrone des Hauses in betont sachlich-moderner Architektursprache. An der stadtseitigen Hauptschaufront des Gebäudes war ein filigraner, röhrenförmiger Fluchttreppenturm in transparenter Stahl-Glas-Konstruktion integriert, dem sich zungenartige Balkone anschlossen. Mit späteren Einfügungen am Turmfuß aus den 1950er Jahren prägte das Gebäude die Magdeburger Stadtsilhouette und stellte zusammen mit dem von Albin Müller im Auftrag des Magistrats entworfenen Aussichtsturm im Stadtpark Rotehorn die einzige moderne Höhendominante aus der Zeit der 1920er Jahre des Magdeburger “Neuen Bauwillens” dar. Nach dem Ende des II. Weltkrieges gab es für S. keine Voraussetzungen mehr für eine weitere Tätigkeit in Magdeburg. Er siedelte 1947 nach Wiesbaden über und baute hier ein neues Architekturbüro auf. 1952 gewann er den Wettbewerb für die Planung des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden. S. war seit 1952 Vorsitzender der Bezirksgruppe, seit 1954 stellvertretender Vorsitzender der Landesgruppe Wiesbaden des BDA und fungierte ab 1952 als berufenes Mitglied der Akademie für Städtebau, der er schon vor 1939 angehörte, sowie als Mitglied der Akademie für Bauforschung. 1956 wurde der Architekt mit dem Bundesverdienstkreuz I. Klasse ausgezeichnet.
Werke: s. o.; Tagungsraum für den 3. Kongreß für evangelischen Kirchenbau in Magdeburg, 1928; Oberlyzeum Stendal und Gemeindeschule Biederitz, 1929/30; Einfamilienwohnhaus mit Chauffeurswohnung, Herrenkrugkolonie bei Magdeburg, 1931; Innenraumgestaltungen für Verwaltungsgebäude u. a. des Burbach-Konzerns Magdeburg, 1930; Bauentwürfe für das Geschäfts- und Wohnhäuser.
Literatur: Erich Feldhaus, Bauten von P. S.-H., in: Der Industriebau 19, H. 2, 1928, 17–29; Marta Doehler/Iris Reuther, Magdeburg – Stadt des Neuen Bauwillens, 1995; Olaf Gisbertz, Bruno Taut und Johannes Göderitz in Magdeburg. Architektur und Städtebau in der Weimarer Republik, 2000.
Archivalien: StadtA Magdeburg: Rep. C35 Md I+II Nr. 27.
Bildquelle: *Hans Gottschalk, Magdeburg (privat).
Hans Gottschalk
letzte Änderung 13.09.2004