Lippsmeier, Bernhard |
L. besuchte acht Jahre die katholische Volksschule, absolvierte bis 1903 eine Maurerlehre im Baugeschäft H. Pehle in Lippstadt und erwarb 1903–06 den Abschluß als Bautechniker an der Kunstgewerbeschule und Königlichen Bauwerkschule Barmen-Elberfeld. Verschiedene Tätigkeiten im Architekturbüro F. Voigt in Elberfeld führten 1910 zu einer Anstellung beim Magdeburger Magistrat unter Stadtbaurat Otto Peters und Stadtbauinspektor Otto Berner. Später ließ sich L. als freier Architekt in Magdeburg nieder, war hauptsächlich im Bereich des Magdeburger Siedlungsbaus für die Heimstätten- Baugenossenschaft und andere gemeinnützige Wohnungsunternehmen in Magdeburg tätig und leistete damit zugleich einen wichtigen Beitrag für die Realisierung sozialdemokratischer Wohnungsbaupolitik in der Zeit der Weimarer Republik. L. konnte seine Tätigkeit auch in der Zeit des Nationalsozialismus fortsetzen. Nach seinen Entwürfen entstanden ab 1923 u. a. die Siedlung Westernplan, Teile der Eisenbahnersiedlung Eichenweiler in Magdeburgs Neuer Neustadt (um 1921, ergänzt um 1932) sowie die Siedlung Lüttgen-Salbke (um 1922). In den Jahren 1927/28 wirkte er am Umbau der Frauenklinik des Krankenhauses Sudenburg mit. Es folgten der Bau eines Mietswohnhauses in der Faberstraße 10, die kleine Siedlung “Am Wolfswerder” (um 1928) für die Baugenossenschaft für Kleinwohnungen Fermersleben sowie zwei- und dreigeschossige Mehrfamilienwohnhauszeilen in Magdeburg-Sudenburg, Am Fuchsberg/Wiener Straße (1936–39). Nach der Ausbombung seiner Wohnung siedelte L. nach Oschersleben und später nach Paderborn um. Hier wurde er im Bonifatiuswerk der katholischen Kirche tätig. Bereits 1933 hatte L. die Entwürfe für den Bau der katholischen Pfarrkirche im Magdeburger Stadterweiterungsgebiet Cracau geliefert, dessen Ausführung durch die nationalsozialistische Stadtregierung verhindert wurde. Durch den katholischen Weihbischof Wilhelm Weskamm erhielt L.s Sohn Hermann L. 1950 erneut einen Bauauftrag für einen Kirchenbau und schuf nach Plänen seines Vaters die katholische Pfarrkirche in der Magdeburger Bassermannstraße – ein Bauwerk, das heute auf der Denkmalliste steht. Der 1951 geweihte Bau wurde im Stile des Neuen Bauens ausgeführt und den um 1920 entstandenen Häusern der Umgebung angepaßt. Die Steine für den Kirchenbau stammten aus der 1945 zerstörten Kirche der Deutsch-Reformierten Gemeinde. L. gehörte zu den bekannten progressiven Architekten der Weimarer Republik, die um Bruno Taut und Johannes Göderitz Magdeburg in den 1920er Jahren zum Ruhm als Stadt des “Neuen Bauens” verhalfen.
Literatur: Marta Doehler/Iris Reuther, Magdeburg – Die Stadt des Neuen Bauwillens. Zur Siedlungsentwicklung in der Weimarer Republik, 1995; Renate Amann/Barbara von Neumann-Cosel, Soziale Bauherren und architektonische Vielfalt. Magdeburger Wohnungsbaugenossenschaften im Wandel, 1996; Olaf Gisbertz, Bruno Taut und Johannes Göderitz in Magdeburg. Architektur und Städtebau in der Weimarer Republik, 2000.
Archivalien: StadtA Magdeburg: Rep. 35, Ha 71.
Bildquelle: *StadtA Magdeburg.
Heike Kriewald