Schwiers, Adolf Gottfried
geb. 19.09.1904 Mönchengladbach,
gest. 04.09.1982 Mönchengladbach,
Dirigent, Komponist, Pianist.

S. erhielt – wie seine sieben Geschwister – eine strenge musikalische Erziehung. Als Fünfjähriger bekam er Klavierunterricht, zwei Jahre darauf stand er erstmalig auf dem Konzertpodium. Seine Lehrer am Konservatorium Mönchengladbach (1910–18) waren H. Holz und H. Schöne. 1920–23 studierte S. an der Hochschule für Musik in Köln, deren Rektor Hermann Abendroth war. Dieser förderte das Interesse des jungen Pianisten am Dirigieren. 1923 wurde S. Kapellmeister an der Operette in Rheydt. Nach einer freiberuflichen Zeit als Konzertpianist (ab 1924) und Privatunterricht (1926/27 bei C. Wolfram) war S. zunächst Solorepetitor am Kölner Opernhaus (1935–39) und dann erster Kapellmeister am Landestheater Altenburg (bis 1944). Nach Kriegsdienst und Gefangenschaft setzte er ab 1946 seine Tätigkeit in Altenburg fort. Zum 01.03.1952 wurde S. als Generalmusikdirektor (GMD) und Musikalischer Oberleiter an die Bühnen der Stadt Magdeburg berufen. 16 Jahre lang bestimmte er die Musikentwicklung des Theaters. Seine Programme berücksichtigten “das klassische Musikerbe aller Zeiten und Nationen ebenso … wie das Musikschaffen der Gegenwart” (Michael, 1997). Erstmalig seit dem Kriegsende brachte er 1952 mit “Die Meistersinger von Nürnberg” wieder ein Werk Richard Wagners auf den Spielplan. 1961 folgte “Die Walküre”. Sein Interesse an Wagner hatte bereits in seiner Altenburger Zeit Ausdruck gefunden, als er gemeinsam mit Wieland Wagner den “Ring” vorbereitete. Auch der zeitgenössischen Musik maß S. in Oper und Konzert große Bedeutung bei. Zu den zeitgenössischen Opern, die er aufführte, gehörten Robert Hanells “Die Spieldose” (1958),  Hermann Henrichs “Amphytrion” (1958), Iwan I. Dsershinskis “Der stille Don” (1960), Heinz Röttgers “Der Heiratsantrag” (1961) und Gottfried von Einems “Dantons Tod” (1967). Werke von “Klassikern” wie Reger, Gerster, Hindemith, Schönberg, Kodály und Schostakowitsch waren ebenso zu finden wie jene der jüngeren Komponistengeneration: Haas, Büttner, Riethmüller, Wiese und Wohlgemuth. Auch eigene Werke sowie Werke der Magdeburger Rudolf Hirte und Gerhard Dorschfeldt standen auf dem Programm. In Sinfoniekonzerten führte er das Prinzip der thematischen und Komponistenzyklen ein: Beethoven (1957/58, 1967/68), Mozart (1955/56), Haydn (1959/60, Schubert (1960/61), Tschaikowski (1961/62), Dvorák (1962/63) und Richard Strauss (1963/64), Wiener Klassik (1964/65), Deutsche Romantik (1965/66). Gleiches realisierte er von 1956 bis 1960 in einer Kammermusikreihe: 1956 Mozart, 1957 Beethoven, 1958 “Vom Frühbarock bis zur Spätromantik – Geigenmusik aus vier Jahrhunderten”. 1957 und 1958 fanden unter seiner Leitung Magdeburger Bruckner-Tage statt. Auch der Alten Musik galt S.’ Interesse. Unter seiner Ägide wurden zahlreiche Werke des in Magdeburg geborenen Georg Philipp Telemann aufgeführt (2. Sinfoniekonzert 1954; “Der geduldige Sokrates”, Erstaufführung 1965 während der 2. Telemann-Festtage; “Der neumodische Liebhaber Damon” 1967, Erstaufführung anläßlich des 200. Todestages Telemanns zu den 3. Telemann-Festtagen). S. war Mitbegründer des Telemann-Arbeitskreises und wurde dessen langjähriger Vorsitzender. Er übernahm die künstlerische Leitung der Telemann-Festtage und führte die allmonatlichen, noch heute fortbestehenden Telemann-Sonntagsmusiken ein (ab 05.11.1961). Nach seiner Pensionierung 1968 siedelte S. in seine Geburtsstadt über. Dem 16jährigen Wirken S.’ als GMD verdankt das Magdeburger Musikleben wesentliche Impulse, die bis in die Gegenwart hineinwirken.

Werke: Osterland, Orchesterprolog, 1947; Sinfonie in D-Dur, 1952; Sinfonie in B (UA Magdeburg 1954); Mühlhausener Ratsserenade, 1960; Erfüllung, Kantate für Bariton und Orchester (UA Magdeburg 1961).

Literatur: Horst Seeger, Musiklexikon, Bd. 2, 1966, 410; Wolf Hobohm, Ein Orchester, das … Vortreffliches leistet, in: Städtisches Orchester Magdeburg 1897–1987, 1987, 26f.; ders., Das Städtische Orchester und die Magdeburger Telemann-Pflege, in: 100 Jahre Städtisches Orchester Magdeburg – Magdeburgische Philharmonie, 1997, 34–37; Manfred Michael, Das Städtische Orchester unter GMD G. S. von 1952 bis 1968, in: ebd., 40–43 (B); Dagmar Bremer, 100 Jahre Städtisches Orchester – Magdeburgische Philharmonie. Musik, Kultur, Bürgersinn, in: Das Orchester 46, H. 2, 1998, 26f.

Ralph-J. Reipsch