Springer, Johann |
Der Sohn wohlhabender Eltern besuchte das Gymnasium in Krems, kam mit seiner Familie 1823 nach Wien und setzte hier seine Studien fort. Der plötzliche Tod des Vaters und der Verlust des elterlichen Vermögens veranlaßten S., seine zwischenzeitlich angenommene Stelle als Hauslehrer aufzugeben und, einer früh erwachten Neigung zum Schauspielerberuf folgend, sich einer Wandertruppe anzuschließen. Schauspielerischer Erfolg im Fach des Jugendlichen Helden und Liebhabers verschaffte ihm ab 1833 feste Anstellungen in Graz, Pest, Lemberg und Königsberg. 1837–41 erhielt S. ein Engagement am Theater in Stettin. Nach einem kurzen Intermezzo in Köln kehrte er nach Stettin zurück und wurde dort 1841 Regisseur. Bevor er im Juli 1846 die von ihm angestrebte Direktion der Stettiner Bühne übernahm, war S. 1844/45 als Schauspieler in Frankfurt/Oder und Wien tätig. Im Dezember 1851 verließ S. aufgrund von Differenzen mit seinem Kompagnon Julius Hein die aufstrebende Bühne und übernahm ab Januar 1852 die Direktion des Magdeburger Theaters. S. gelang es in wenigen Jahren, das unter seinem Vorgänger Julius Eicke abgewirtschaftete Magdeburger Theater durch “Zielstrebigkeit und Solidität in jeder Hinsicht” (Wöhlert) zu einer der besten Provinzbühnen in Deutschland aufzubauen. Neben der wesentlichen Verbesserung der Ausstattung des Theaters und der im Sommer 1853 erfolgten Anlage einer Gasbeleuchtung (1844 in Leipzig erstmals in Deutschland eingeführt) konnte S. in der auch für das Theater schwierigen Zeit nach der gescheiterten Revolution von 1848 den in Oper und Schauspiel ausgewogenen Spielplan auf ein beachtliches Niveau führen. Seine Bemühungen um die stark vernachlässigte Oper fanden ihre Höhepunkte in der triumphalen Magdeburger Erstaufführung von Richard Wagners “Tannhäuser” (Anfang 1854) und der bahnbrechenden Neuinszenierung von Albert Lortzings “Undine”. Im Schauspiel setzte S. die Idee des Bildungstheaters konsequent mit einem um 1850 klassischen Stückekanon (Shakespeare, Schiller, Goethe, Lessing) um. Zahlreiche anspruchsvolle, von einer aufgeschlossenen Kritik begleitete Neuinszenierungen waren Ausdruck der außerordentliche Fähigkeiten S.s als Regisseur, der dabei von seinen Stettiner Erfahrungen profitieren konnte. Gegen die allgemeinen Tendenzen der Zeit konzentrierte sich S. in der leichten Unterhaltung auf zugkräftige Nummern z.T. älterer Possen- und Lustspieldichter, deren Erfolg den Bestand des Hauses sicherten. Im Ganzen führte S.s umsichtige Personalpolitik jenseits partiellen Virtuosentums zu Ensembleleistungen auf hohem Niveau, die die Entwicklung eines substantiellen, fortwährend erweiterten Repertoires ermöglichten. Nachdem S., seit längerer Zeit kränkelnd, im Oktober 1856 an Tuberkulose verstorben war, führte seine zweite Frau Emilie, geborene Boewig, das Theater bis 1859 im Sinne ihres Mannes weiter. Sie ließ noch kurz vor Beendigung ihrer Direktion unter finanziellen Verlusten ein zweites Tivoli-Theater auf dem Großen Werder errichten, nachdem sie das alte hatte abreißen lassen. Die Nachfolge in der Direktion trat Otto Nowack an.
Literatur: Constantin von Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, Bd. 36, 1878; Wilhelm Widmann, Geschichte des Magdeburger Theaterwesens, in: MonBl 1925, 262; Wolfgang Wöhlert, Das Magdeburger Stadttheater von 1833 bis 1869, Diss. Berlin 1957, 78–96; Friedemann Krusche, Theater in Magdeburg, Bd. 1, 1994.
Guido Heinrich
letzte Änderung: 01.03.2005