Gruson, Louis Abraham
geb. 19.12.1793 Neustadt bei Magdeburg,
gest. 25.04.1870 Magdeburg,
Ingenieur-Major.

G., Sohn des Färbers und Ratmannes Jacob G., entstammte einer Familie, die zur 1689 von Glaubensflüchtlingen gegründeten Pfälzer Kolonie in Neustadt bei Magdeburg gehörte. 1809 trat er als Kadett in die Armee des von Napoleon gegründeten Königreichs Westfalen ein. Er besuchte die Artillerie- und Genieschule in Kassel und wurde im Januar 1813 zum Seconde- Leutnant befördert. Nach der Niederlage Napoleons bei Leipzig und der Auflösung des Königreichs Westfalen trat G. als Infanterieleutnant in ein preußisches Landwehrregiment ein und nahm an den Feldzügen 1814 und 1815 in Frankreich teil. 1818 wurde er als Premierleutnant in die preußische 2. Ingenieur-Brigade übernommen. Im gleichen Jahr heiratete er die Tochter eines Magdeburger Kaufmanns. Das Ehepaar bezog eine Dienstwohnung in der zu den Festungsanlagen von Magdeburg gehörenden Zitadelle. Frühzeitig setzte sich G. für die Entwicklung des Eisenbahnwesens ein. 1835 berief ihn der Magdeburger Oberbürgermeister August Wilhelm Francke als Ehrenmitglied in das in Magdeburg gebildete Eisenbahnkomitee für den Bau einer Eisenbahn Magdeburg-Köthen-Halle-Leipzig. G. wurde laut königlicher Kabinettsorder neben August Borsig und Victor von Unruh 1837 in eine von der preußischen Regierung eingesetzten Kommission berufen, die sich über Eisenbahn-Angelegenheiten in den deutschen Bundesstaaten, in England und in den anderen europäischen Staaten sowie in den Vereinigten Staaten von Amerika informieren sollte. 1838 schied G. als Ingenieur-Major aus dem Militärdienst aus und übernahm eine Stelle als Oberingenieur beim Bau der Eisenbahn von Magdeburg nach Leipzig. Auf der unter seiner unmittelbaren Leitung gebauten Teilstrecke Magdeburg-Schönebeck fuhr am 9. Juni 1839 der erste Zug. G. wechselte die Stellung, folgte einem sehr günstigen Angebot der preußischen Regierung und trat im April 1840 als Postkommissar für eine geplante Eisenbahnlinie Halle-Kassel-Lippstadt in den preußischen Postdienst. Er war noch mit den Vorarbeiten befaßt, als man den Plan für diese staatliche Eisenbahnlinie wieder fallen ließ. Nachdem verschiedene Versuche, G. mit einer anderen, seinen Fähigkeiten angemessenen Aufgabe zu betrauen, fehlgeschlagen waren, wurde er pensioniert. Er begann sich mit den Naturwissenschaften zu beschäftigen und studierte gründlich die entsprechende zeitgenössische Literatur, insbesondere Alexander von Humboldts Schriften. Über die Ergebnisse seiner langjährigen Studien verfaßte er mehrere Manuskript und 1854 ein Buch. Drei seiner Söhne wurden Ingenieure, zu ihnen gehörten die bedeutenden Industriellen Hermann G. und Otto G., ein Sohn fiel als Berufsoffizier im Krieg von 1870/71.

Werke: General-Karte von der zwischen Magdeburg über Halle nach Leipzig projectierten Eisenbahn, 1836 (Entwurf G.); Blicke in das Universum mit spezieller Beziehung auf unsere Erde, 1854.

Literatur: Ernst G., Geschichte der Familie G., 1924, 47–65.

Manfred Beckert