Danneil, Friedrich Hermann Otto, Dr. phil.
geb. 28.05.1826 Salzwedel,
gest. 12.05.1908 Bad Elmen bei Groß Salze, Lehrer,
evangelischer Pfarrer, Kultur- und Kirchenhistoriker.

Der Sohn des Salzwedeler Altmarkforschers und Schulrektors Johann Friedrich D. legte sein Abitur am Gymnasium seiner Geburtsstadt ab. Von 1846 bis 1848 studierte er evangelische Theologie in Halle und wechselte 1848 nach Berlin, um dort sein Studium zu beenden. Während dieser Zeit entwickelte D. eine Vorliebe für die Philosophie und deren Geschichte. Seinen Professoren gegenüber verhielt er sich kritisch. 1848/49 hielt er sich in Berlin auf, war anfänglich begeisterter Anhänger der revolutionären Bewegung, wandte sich aber nach einem Verweis durch die königliche Prüfungskommission verstärkt dem religiösen und christlichen Leben zu. 1849 bestand er in Magdeburg die erste theologische Prüfung. Sein Wunsch, akademischer Lehrer zu werden, erfüllte sich aufgrund mangelnder finanzieller Mittel des Vaters nicht. Auf dessen Anraten übernahm er 1850 die Vorbereitungsklasse zum Gymnasium in Salzwedel und unterrichtete Knaben in der Bibelkunde. Dort stand er in Verbindung mit Hermann Masius, dessen “Naturstudien” (1852) ihn beeinflußten. Nach dem Militärdienst als Landwehrmann und bestandener zweiter theologischer Prüfung wurde D. 1853 zunächst als Probekandidat, wenig später als ordentlicher Lehrer am Pädagogium des Klosters Unser Lieben Frauen in Magdeburg angestellt. Nebenher erteilte er Privatunterricht. Die Universität Jena promovierte ihn zum Dr. phil. 1860 übernahm D. das Pfarramt in Niederndodeleben, 1887 als Nachfolger von Franz Heyne das Pfarramt in Jersleben, wo er 1893 die unter seiner Leitung neuerbaute Kirche einweihen konnte. Wiederholte gesundheitliche Probleme führten 1900 zur Versetzung in den Ruhestand. Neben seiner Tätigkeit als Seelsorger widmete sich D. mehr als vierzig Jahre den sozialen Problemen seiner Gemeinden, fand jedoch für seine Aktivitäten nur geringes Verständnis (“Die Arbeiterfrage im Lichte der Inneren Mission”, 1873). Folgerichtig fand auch die Kulturgeschichte des Magdeburger und des norddeutschen Bauernstandes sein tieferes Interesse. D. gehörte zum Kreis geschichtsinteressierter und -forschender Männer um Friedrich Wiggert, Friedrich Wilhelm Hoffmann und August Winter, der Ende 1866 den Verein für die Geschichte und Alterthumskunde des Herzogthums und Erzstifts Magdeburg ins Leben rief. Bereits 1864 hatte D. in verdienstvoller Weise die “Protokolle der ersten lutherischen General-Kirchenvisitation im Erzstifte Magdeburg anno 1562–1564” (3 Hefte) im Selbstverlag publiziert. Im Interesse der Landschulen bearbeitete er seit 1868 das sogenannte “Barleber Spruchbuch” mit Luthers Katechismus im ursprünglichen Text, das weite Verbreitung fand (271894) und publizierte weitere Schriften zur Unterstützung der Tätigkeit der Dorfschullehrer. D. nahm zudem zu kirchlichen Zeitfragen Stellung, wies auf Mißstände und Gefahren hin ("Zur Verständigung über die Frage: was heißt Romanisieren", 1868). Er gehörte seit 1875 den sächsischen Provinzialsynoden an, wurde 1878 in die Drei-Männer- Kommission zur Ausarbeitung eines Provinzialgesangbuches gewählt, widmete sich zudem mit sachverständigen Freunden der Revision des alten Magdeburgischen Gesangbuches und gab ein “Evangelisches Schul-Gesangbuch” (1882) heraus. In der Folge trat D. mit quellen- und kulturgeschichtlichen Untersuchungen hervor, u. a. mit der “Geschichte des evangelischen Dorfschulwesens im Herzogtum Magdeburg” (1876) sowie dem zweibändigen “Beitrag zur Geschichte des Magdeburgischen Bauernstandes” (1896–98), deren Ergebnisse kontrovers diskutiert wurden. Seine umfangreichen Vorarbeiten zu einer Chronik des Ortes Niederndodeleben gab sein Sohn  Heinrich D. erst 1937 heraus.

Werke: Zur Geschichte der ständischen und bäuerlichen Verhältnisse im Magdeburgischen, namentlich des Dorfes Niederndodeleben von 1200–1400, in: GeschBll 3, 1869, 117–152, 237–275; Eine alte Magdeburgische Kirchenordnung vom Jahre 1400 ca., in: ebd. 6, 1872, 321–354, 490–515 und 7, 1873, 56–76; Zur Ehre des Magdeburger Bauernstandes, 1901; Heinrich D. (Hg.), Niederndodeleben. Aus tausend Jahren, 1937 (*B).

Literatur: BioJb 13, 1908; Adolf Hinrichsen, Das literarische Deutschland, 1888, 106f.

Siegfried Schmidt

geändert: 09.06.2004