Rauch, Fritz |
Der Sohn eines Gast- und Landwirts besuchte zunächst die einklassige Dorfschule und absolvierte nach dem Schulabschluß die Lehrerausbildung in Präparande in Diepholz und das Seminar in Hannover. 1896 erhielt er eine Lehrerstelle in Klein-Hilligsfeld/Kreis Hameln, ab 1900 war er als Lehrer an verschiedenen Volksschulen in Magdeburg tätig. 1901 legte er die Turnlehrer- und 1909 die Mittelschullehrerprüfung für Deutsch und Französisch ab und arbeitete von 1909 bis 1922 als Lehrer an der 1. Bürger-Knaben-Schule/ Mittelschule Magdeburg-Altstadt. R. war 1912 Mitbegründer und Vorsitzender des Berthold-Otto-Vereins Magdeburg, eines Sammelbeckens reformwilliger Pädagogen. Als Leiter des Grundschulausschusses hatte er 1919/20 wesentlichen Anteil an der Erarbeitung des Magdeburger Lehrplans sowie an der Einführung des “neuen Grundschulunterrichts”. Als Vertreter des Magistrats berief Gustav Löscher R. 1922 zum Rektor der ersten Volks- Versuchsschule am Sedanring (ab 1929 Neubau Schmeilstraße). Wahlschule, selbstbestimmte Lehrerauswahl, weitgehende Lehrplanfreiheit, Gesamt-, Kern- u. Kursunterricht kennzeichneten die “Schule als Erkenntnisorgan des Volksgeistes”. Mit ca. 4.500 Besuchern und zahlreichen pädagogischen Veranstaltungen bis 1933 war dies der wichtigste Schulversuch der Stadt. Ab 1924 schloß daran die höhere Reformschule von Richard Hanewald (Berthold-Otto-Schule) an. R. war der bedeutendste Reformpraktiker und gefragtester pädagogischer Autor im Magdeburg der Weimarer Zeit. Als Mitglied zahlreicher pädagogischer Institutionen und Agitator für Berthold Ottos Ideen einer “Zukunftsschule” nahm R. auch an internationalen Konferenzen in Locarno (1927) und Nizza (1932, Vortrag über den Gesamtunterricht Ottos) teil. Er bewahrte über 1933 hinaus reformpädagogische Elemente an der Versuchsschule und wurde 1937 ehrenvoll pensioniert. 1945–50 war der 70jährige “Nestor” der Neulehrerausbildung in Magdeburg unter Oskar Linke. Seit 1921 trat R. als plattdeutscher “Verteller” auf.
Werke: Neuzeitlicher Anfangsunterricht, 1921 (mit Hermann Kolrep/Elsbeth Brandt); Sinn, Geist und Ziel der Schule, in: Aus Arbeit und Leben der Magdeburger Versuchsschule am Sedanring, Beiheft zur Pädagogischen Warte vom 15.04.1927, 1–5; Grundschulerfahrungen in Versuchsschulen, in: Karl Eckhardt/Stephan Konetzky (Hg.), Grundschularbeit, 1928, 165–175; Das freie Unterrichtsgespräch. Ein Beitrag zur Didaktik der Neuen Schule, 1930 (mit Fritz Braune/Fritz Krüger); Werden und Wachsen einer Einheitsschule – von unten her, in: Die Sammlung 8, 1951, 479–487; Heimatglücke. Wat taun Nahdenken un wat taun Lachen, 1959 (B).
Literatur:Reinhard Bergner, Die Berthold-Otto-Schulen in Magdeburg, 1999, 96–110, 127–196.
Bildquelle: *Reinhard Bergner, Magdeburg (privat).
Reinhard Bergner