Eberhardt, Walter Heinrich
geb. 20.05.1902 Saalfeld,
gest. 07.03.1980 Ilmenau,
Seminardirektor, Kirchenhistoriker.

Der Sohn eines Lokomotivführers interessierte sich frühzeitig für den Lehrerberuf. Nach Abschluß des Studiums an der Lehrerbildungsanstalt in Rudolstadt 1923 war er zunächst im Schuldienst tätig. Nach einer verkürzten Ausbildung am Predigerseminar der Freikirche der Adventisten in Neandertal bei Düsseldorf nahm er 1925 die Arbeit als Pastor in Hamburg auf. 1934 wurde er als Nachfolger von Wilhelm Michael an das adventistische Missionsseminar Friedensau bei Burg berufen, wo er bis 1939 und nochmals von 1947 bis 1954 als Schulleiter wirkte. Außerdem lehrte er in Friedensau Kirchengeschichte. Mit Umsicht und Tatkraft setzte er sich in den Nachkriegsjahren für den Aufbau des Friedensauer Seminars ein. 1947 nahm das Seminar als erste kirchliche Ausbildungsstätte auf dem Boden der Sowjetischen Besatzungszone den Unterricht wieder auf. Für die bereits 1899 gegründete Institution war es jedoch aufgrund der politischen Isolation in der Nachkriegszeit nicht mehr möglich, an ihre frühe weitverzweigte missionarische Tradition (Siegfried Horn, Ernst Kotz, Erich Meyer, Ernst Simon) anzuknüpfen. Von 1954 bis 1969 trug E. Verantwortung in der adventistischen Kirchenleitung, zuletzt als Vorsteher der Kirche in der DDR. Nach der schmerzlichen Erfahrung durch das Dritte Reich legte er im Unterricht, in der Leitung des Seminars und der Kirche großen Wert auf Politikabstinenz und ging, wenn auch vorsichtig, auf Distanz zur DDR-Ideologie. Er veröffentlichte ein vierbändiges kirchengeschichtliches Werk, das eine umfangreiche Sammlung von Texten und Primärquellen einschließt. E. legitimierte seine konfessionell-freikirchliche Geschichtsdeutung durch ein mehr oder weniger ausgeprägtes Dekadenzmodell. Das Werk möchte zeigen, wie die immer stärker von der biblischen Wahrheit abgefallene Kirche durch reformatorische Bewegungen, darunter u. a. auch die Adventisten, in ihrer ursprünglichen Reinheit wieder hergestellt wurde. Eine monopolisierende Verknüpfung von Geschichte und theologischer Deutung lehnte er ab, ebenso auch ein konfessionell pluralisiertes (ökumenisches) Modell. Die Frage nach der Schrifttreue kirchengeschichtlicher Entwicklungen stand für ihn im Vordergrund.

Werke: Wege und Irrwege der Christenheit von der Urgemeinde bis zur Vorreformation, 1968; Reformation und Gegenreformation, 1973; Aufklärung und Pietismus, 1979; Christenheit zwischen den Revolutionen, 1993 (posthum).

Bildquelle: *Archiv Friedensau (AAE).

Daniel Heinz