Riemann, Kurt
Fritz Ernst |
R. entstammte einer Arbeiterfamilie, absolvierte nach seiner Schulausbildung das Lehrerseminar und trat danach als Erzieher in den Schuldienst. Er war zunächst in Magdeburg (1926–33), danach in Glindenberg/Kreis Wolmirstedt (1933–34) und Irxleben (1934–35), schließlich in Garlipp/Kreis Stendal (1935–41) als Lehrer tätig, wo er neben dem Unterricht auch das Amt des Organisten an den Kirchen in Garlipp und Beesewege versah. 1941 als Soldat zum Kriegsdienst eingezogen, fiel er 40jährig als Leutnant bei den Kämpfen in Ostpreußen. R. war in Magdeburg u. a. als Schulamtsbewerber an der Neustädter II. Sammelschule unter Wilhelm Biemüller tätig, unterhielt aber auch Kontakte zum Leiter der 1. Buckauer Sammelschule Richard Rötscher. Offenkundig folgte R. in seiner pädagogischen Arbeit Rötschers reformpädagogischen Bestrebungen einer koedukativen Wahlschule, die neben berufsvorbereitenden Kursen und Gesundheitserziehung auch Kunst und Theater in das Unterrichtsprogramm integrierte. Wie Eva Gruber, Bruno Schneider, Robert Stemmle und Walter Wolf engagierte sich R. in Magdeburg ab Mitte der 1920er Jahre verstärkt innerhalb der breiten und vielschichtigen Volksbühnenbewegung. Er war Mitglied der Magdeburger Freien Schauspieler-Truppe im Bühnenvolksbund. Der Bühnenvolksbund, eine 1919 gegründeten Vereinigung zur Theaterpflege “in christlich-deutschen Volksgeist”, beförderte vorrangig das Puppen-, Heimat- und Jugendspiel, leistete Kulturarbeit durch den Betrieb von Wanderbühnen, die Herausgabe eigener Verlagsartikel, einer Laienspielzeitschrift sowie durch ausgedehnte Fortbildungskurse für Leiter von Laienspielgruppen insbesondere an Schulen. Für die Bedürfnisse der praktischen Bühnenarbeit verfaßte R. selbst verschiedene Jugendstücke, Kindersing-, Stehgreif- und Heimatspiele sowie Sprechchöre und richtete nach dem Vorbild Walther Blachettas diverse Vorlagen (darunter zahlreiche Märchen- und Schelmenspiele) für die Aufführung ein, die er in Heftform in der Reihe “Der Karren. Eine Reihe neuer Spiele” neben eigenen Arbeiten herausgab. Seine theaterpraktischen Erfahrungen in Verbindung mit reformpädagogischen Ansätzen legte er als Herausgeber und Schriftleiter der Zeitschrift Die Spielgemeinde und in seinem Buch “Die Praxis des Jugendspiels. Ein Lehrer-Handbuch für Bühnen- & Stehgreifspiele, den Sprechchor und das Handpuppentheater” (1931) nieder. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten konnte R. seine Laienspielarbeit in Magdeburg nicht fortsetzen. Neben seiner Tätigkeit als Lehrer in verschiedenen kleineren Orten der Region arbeitete er auch für den Rundfunk und schrieb Libretti für musikalische Bühnenwerke (u. a. für die Operette “Der silberne Pfeil”, Musik: Heinz Joachim Fritzen). Nach 1933 trat er vor allem als erfolgreicher Jugendbuch- und Romanautor hervor. R.s Versuch, seine christlich geprägte Lebensauffassung mit den neuen Anforderungen der nationalsozialistischen Kulturpolitik in Übereinstimmung zu bringen, gelang ihm dabei nicht immer. Einige seiner späteren Heimatspiele, u. a. das Stück “Gero von Wodanswegen”, das 1937 zur 1000-Jahr-Feier Gutenswegens aufgeführt werden sollte, fielen der Zensur zum Opfer.
Werke: s. o.; Der Karren (ca. 30 Hefte), 1927ff.; (Hg.); Spruch im Chor. Eine Sammlung von Sprechchören, 1932–33; Jungvolk kämpft um Stropp. Jugendbuch, 1934; Das Leben ruft. Ein Werkbuch zur Gestaltung der Schulentlassungsfeier, 1935; Kleine Frau mit großem Mut. Roman, 1937; Der Täter mitten unter uns. Roman, 1938; Unseres Herrgotts Glückspilz. Roman, 1939; Ich suche Dich. Roman, 1940; Junger Mann aus Sumatra. Roman, 1941; Am anderen Ufer. Drama, 1942.
Literatur: Walther Blachetta, Das Laienspiel und seine heutige Aufgabe, 1934; Georg Kannberg, Der Bühnenvolksbund. Aufbau und Krise des Christlich-Deutschen Bühnenvolksbundes 1919–1933, 1997; Unterlagen Bärbel Stamer, Wedemark (privat); Unterlagen Jürgen Kanstorf, Gutenswegen (privat).
Bildquelle: *Bärbel Stamer, Wedemark (privat).
Guido Heinrich