Hanstein, Gottfried August
Ludwig, Dr. theol. h.c. |
Der Sohn eines Kriminalrates und Justizkommisars besuchte nach sorgfältigem Privatunterricht die Magdeburger Domschule unter Gottfried Benedict Funk. Ab 1779 studierte er an der Universität Halle evangelische Theologie, Philosophie, Mathematik und Physik, kehrte 1782 in seine Vaterstadt zurück und konnte auf Empfehlung Funks eine Stelle als außerordentlicher Lehrer an der Domschule antreten. Während dieser Zeit regte er Funk zur Gründung eines Lehrerseminars an und unterrichtete dort selbst Pädagogik. Der als Erzieher und Kanzelredner hervorragend begabte H. wurde bereits 1787 als Pfarrer nach Tangermünde berufen und widmete sich hier vor allem der praktischen homiletischen Ausbildung von Predigtamtskandidaten. Als Herausgeber der Homiletisch-kritischen Blätter für Kandidaten des Predigtamtes und angehende Prediger (1791–99) sowie der Neuen homiletisch-kritischen Blätter (1799–1812) erwarb er sich bedeutende Verdienste um die Ausbildung der damaligen Predigergeneration und avancierte neben Schleiermacher zum bedeutendsten Homileten seiner Zeit. Seine Bekanntschaft mit Wilhelm Abraham Teller, Propst von St. Petri in Berlin, für dessen Neues Magazin für Prediger er Beiträge lieferte, führte ihn in einen neuen Wirkungskreis. 1803 wählte ihn das Domkapitel in Brandenburg auf Tellers Vorschlag hin zum Oberdomprediger, wo er auch an der Ritterakademie unterrichtete und einer literarischen Gesellschaft vorstand. Im November 1804 durch Friedrich Wilhelm III. zum Adjunkten und künftigen Nachfolger Tellers in allen Ämtern nach Berlin berufen, trat er diese nach dem plötzlichen Tod Tellers bereits im Dezember 1804 an. Als Propst von St. Petri, Superintendent der Diözese Berlin und Mitglied des Oberkonsistoriums wurde H. 1809 auch zum Vortragenden Rat in der Sektion für Kultur und Unterricht des Berliner Innenministeriums bestimmt. Als solcher war er wesentlich an der Einführung der Kirchenunion, der Erarbeitung eines neuen Gesangbuchs von Berlin und der Abfassung einer revidierten Kirchenagende beteiligt. Als Theologe ganz der Aufklärung verpflichtet, vertrat H. einen von der Empfindsamkeit beeinflußten supranaturalistischen Rationalismus. Er gehörte zu den wortgewaltigsten Kanzelrednern Berlins und war insbesondere zwischen 1808–14 als patriotischer Prediger weithin bekannt. H.s stets bis ins einzelne ausgearbeitete Predigten, die inhaltlich kaum über die seiner Zeitgenossen hinausgingen, galten als Musterbeispiele und wurden u. a. in Conrad Gottlieb Ribbecks Magazin neuer Fest- und Casualpredigten publiziert. In seinen letzten Lebensjahren verband H. eine enge Freundschaft mit dem späteren Magdeburger Bischof Bernhard Dräseke, mit dem er ab 1816 das Neueste Magazin für Fest-, Gelegenheits- und anderen Predigten herausgab.
Werke: Ueber die Beherrschung der Leidenschaften, 1793; Die christliche Lehre für Kinder, 1804, 51815; Christliche Religions- und Sittenlehre, 1805; Erinnerungen an Jesus Christus, 1808 (mehrfach neu bis 1820); Die ernste Zeit. Predigten in den Jahren 1813 und 1814 gehalten, 1815; Das Leben im Glauben. Predigten (2 Bde), 1831.
Literatur: ADB 10, 543–547; NDB 7, 639f.; Hamberger/Meusel, Bde 3, 9, 11, 14, 18, 22/2; BBKL 2, Sp. 520f.; RGG 3, 31959, 73; Friedrich Philipp Wilmsen, Denkmal der Liebe geweihet dem verewigten Propst Dr. G. A. L. H., von Freunden und Verehrern, 1821 (W); Heinrich Döring, Die deutsche Kanzelredner, 1830, 81–92; Erich Förster, Die Entstehung der preußischen Landeskirche, Bd. 1, 1904.
Bildquelle: *G. A. L. H., Christliche Belehrungen und Ermunterungen in Predigten, 1808.
Guido Heinrich
letzte Änderung: 02.02.2005