Niemeyer, Paul Viktor
geb. 22.09.1826 Halle,
gest. 10.12.1901 Weimar,
Gartenarchitekt, Gartendirektor.

Der Urenkel des Begründers der Franckeschen Stiftungen in Halle und Sohn eines Medizinprofessors besuchte das Pädagogium in Halle und absolvierte eine Lehre in Erfurts weltbekannter Gärtnerei von J. C. Schmidt. Unter Peter Joseph Lenné lernte er im königlichen Garten in Potsdam das Baumschulenwesen und die Landschaftsgärtnerei kennen. Durch Vermittlung Lennés erhielt der junge N. seine erste Anstellung beim Landschaftsarchitekten Fürst Hermann von Pückler in Muskau. 1854 trat er in die Dienste des Herzogs Bernhard von Sachsen-Meiningen und setzte in mehrjähriger Arbeit die Erweiterung und Umgestaltung des großen Naturparks bei Schloß Altenstein ins Werk. In dieser Zeit führte ihn eine England-Reise auf die Spuren englischer Landschaftsparks und erweiterte sein bisher in Oberitalien, Frankreich und der Schweiz erworbenes Wissen zur europäischen Gartenarchitektur. Auf einer seiner Reisen machte N. die Bekanntschaft des späteren Magdeburger Oberbürgermeisters Friedrich Bötticher, dessen Empfehlung ihn als Inspektor der städtischen Parkanlagen Herrenkrug, Klosterberge-Garten und Vogelsang nach Magdeburg führte. 1862 bewarb sich N. um die Stelle des städtischen Garteninspektors, die er 1863 – verbunden mit der Übersiedlung nach Magdeburg – antrat. Ab 1878 bekleidete N. das Amt des ersten städtischen Gartendirektors in Magdeburg. Bereits 1863 realisierte N. umfangreiche Gestaltungen im Nordteil des Herrenkrugparks, veränderte die Wegeführung und nahm Neupflanzungen vor. Neben prägenden Baumaßnahmen in den 1870er Jahren ermöglichte die 1886 durch die Einrichtung einer Dampftrambahnlinie verbesserte verkehrstechnische Erschließung die Anbindung des Parks an die Stadt. N.s Tätigkeit dehnte sich später auch auf die Verwaltung des städtischen Grundbesitzes von Wiesen- und Ackerflächen aus. 1870–71 erfolgte in Anlehnung an die Pläne August Wilhelm Franckes die Gestaltung des Glacis zwischen Krökentor, Ulrichstor und Sudenburger Tor. Der von N. an den Festungsanlagen entwickelte Promenadenpark fand größten Beifall unter der Magdeburger Bürgerschaft. Es entstanden ausgedehnte Wiesenflächen mit wertvollem Baumbestand. 1872 erhielt der von N. entworfene Südfriedhof seine Weihe. Die geographischen Möglichkeiten des Ackerlandes nutzend, verlieh er dem Friedhof parkähnliche Strukturen. Nach N.s Plänen und unter seiner Leitung begannen 1872 auf der Rotehorninsel, einem sandigen Ödland zwischen der Stromelbe und der Alten Elbe gelegen, die Gestaltungsarbeiten am größten Magdeburger Bürgerpark, der als Stadtpark Rotehorn zum beliebtesten Ausflugsziel der Magdeburger avancierte. Promenadenwege und Gehölzpflanzungen markierten den 25 Hektar umfassenden Park, mit dessen Großzügigkeit N. die klassischen Elemente der Landschaftsgärtnerei umsetzte. Die Magdeburger gaben dem Wanderweg entlang der Stromelbe die Benennung “N.-Weg” und ließen an der südlichen Rotehornspitze für den Schöpfer des Parks einen Gedenkstein errichten. Viele kleinere öffentliche und private Gärten in Magdeburg und Umgebung wurden nach N.s Plänen errichtet, so u. a. der Park am Eingang des Bodetals in Thale/Harz. Zum 25jährigen Dienstjubiläum 1888 erhielt der Gartendirektor den Kronenorden IV. Klasse, trat 1890 in den Ruhestand und verbrachte seinen Lebensabend in Thüringen.

Werke: Des Landwirts Gartenbuch. Kompendium, 1865.

Literatur: BioJb 6, 1901; Kurt N. (Bearb.), Stammtafeln des N.schen Geschlechts, 41915, 46; Oscar Rückert, Das Ehepaar Paul Victor N. und Mathilde N., geb. Rückert, in: Familien-Nachrichten für die Nachkommen A. H. Franckes 3, 1913, 36-45; Heinz Gerling, Denkmale in der Stadt Magdeburg, 1991; Gisela Hoke, Herrenkrug. Die Entwicklung eines Magdeburger Landschaftsparks, 1991 (B); Heidemarie Titz (Bearb.), Parkanlagen der Stadt Magdeburg I, 1994 (B); Hans-Joachim Krenzke, Magdeburger Friedhöfe und Begräbnisstätten, 1998.

Bildquelle: *StadtA Magdeburg.

Heike Kriewald

geändert: 22.09.2005