Wehl, Feodor von (seit
1884), Dr. phil. |
Der Sohn des Gutsbesitzers Heinrich W., aufgewachsen in Bernstadt, Militsch, Ohlau und Breslau, kam Anfang der 1830er Jahre zu einem Verwandten nach Berlin, um die militärische Laufbahn einzuschlagen. Infolge eines Unfalls nahm er bereits 1836 seinen militärischen Abschied, studierte Philosophie in Berlin (Promotion erst 1859 in Jena) und unternahm Reisen nach Paris, London und Italien. Die Bekanntschaft mit bedeutenden Mitgliedern des Berliner Hoftheaters und der Verkehr in den Salons u. a. der Johanna Motherby und der Elisa von Lützow veranlaßten ihn, sich dem Theater und der Literatur zuzuwenden. Dabei näherte sich W., der ab 1843 die satirische Zeitschrift Die Wespen redigierte, bald den Positionen der Vertreter des “Jungen Deutschland” an. Seine Faust-Travestie “Der Teufel in Berlin” (1845), in der er ein radikales Freiheitsideal vertrat, führte zu einer sechsmonatigen Haftstrafe, die W. mit seinen Schriftstellerkollegen Friedrich Wilhelm Held und Edgar Bauer von Juni bis Dezember 1846 in der Magdeburger Zitadelle verbüßte. Hier wurde er durch den Theaterdirektor Rudolph Wirsing als “dramaturgischer Beirat” mit der Absicht gewonnen, dem Stadttheater neuen Auftrieb zu verschaffen. Nach dem Ende seiner Festungshaft wurde W. als erster freier Dramaturg und Theaterdichter in Magdeburg ans Stadttheater verpflichtet. Ganz im Sinne Heinrich Laubes sich als Anwalt des Dichters verstehend, brachte W. neben der stärkeren Akzentuierung literarischer Klassiker auch eigene frühe Produktionen (Uraufführung von “Ein blondes Haar”, 1846) sowie erstmals Stücke von Karl Gutzkow (“Uriel Acosta”) und Heinrich Laube (“Die Karlsschüler”, “Struensee”) auf die Magdeburger Bühne. Beide Dichter waren bei Aufführungen in Magdeburg anwesend. Zudem führte W. auch die Theaterkritik kurzzeitig zu einem Höhepunkt. Durch den Redakteur Ferdinand Loempcke (vgl. Gustav Faber) aufgefordert, publizierte er ohne Gage von Januar bis Mai 1847 zwei bis dreimal wöchentlich theaterkritische Beiträge in der Magdeburgischen Zeitung, in denen er Ideen des Bildungstheaters vertrat und konsequent auch das Theaterpublikum seiner Kritik unterzog. Heftiger öffentlicher Widerstand gegen seine Tätigkeit und Person führte bereits im Mai 1847 zur Auflösung des Vertrages. W. war danach als Journalist, Dramaturg, Schriftsteller und Theaterkritiker in Hamburg tätig und gründete 1860 die einflußreiche Monatsschrift Die Deutsche Schaubühne, mit der er 1861 nach Dresden übersiedelte. Der spätere artistische Direktor und Intendant des Stuttgarter Hoftheaters (1870–84) war einer der bekanntesten Lustspieldichter seiner Zeit, dessen Stücke mit leicht eingehender Komik sehr erfolgreich waren und oft inszeniert wurden.
Werke: Lustspiele und Dramen (5 Bde), 1862–1869; Gesammelte dramatische Werke (6 Bde), 1882–1885; Fünfzehn Jahre Stuttgarter Hoftheater-Leitung, 1886; Das junge Deutschland, 1886; Eugen Kilian (Hg.), Dramatische Bausteine, 1891.
Literatur: ADB 44, 448–455; Killy 12, 182; Hans Schröder, Lexikon der hamburgischen Schriftsteller, Bd. 7, 1879, 589–591; N. N., Nachruf F. W., in: Neuer Theater-Almanach 2, 1891, 102f.; Wolfgang Wöhlert, Das Magdeburger Stadttheater von 1833 bis 1869, Diss. Berlin 1957, 59ff., 121ff.
Bildquelle: *F. W., Fünfzehn Jahre Stuttgarter Hoftheater-Leitung. Ein Abschnitt aus meinem Leben, 1886; Louis Selar von Sztankovits (Hg.): Künstler-Album, [1880].
Guido Heinrich
letzte Änderung: 13.09.2005