Kirsch, Erwin, Dr. med.
geb. 01.04.1868 Grünberg/Schlesien,
gest. 27.07.1937 Magdeburg,
Arzt, Sanitätsrat.

K. kam 1899 als namhafter Orthopäde nach Magdeburg, erwarb das Haus Breiter Weg 169 und war neben August Blencke einer der Spezialärzte für orthopädische Chirurgie mit eigener, allen Anforderungen gerecht werdender Klinik in der Stadt. Die zur damaligen Zeit ausschließlich auf privater Wohltätigkeit basierende Fürsorge und Betreuung Körperbehinderter machte er mit der Gründung und Leitung des Krüppelfürsorgevereins in der Provinz Sachsen 1909 öffentlich. Mit dem Erlaß des Krüppelfürsorge-Gesetzes in Preußen 1920, das die staatliche Betreuung der Blinden, Taubstummen, Geisteskranken und Epileptiker nach dem Fürsorgegesetz von 1891 um die staatliche Fürsorge der Körperbehinderten erweiterte, wurde K., der national als anerkannter Facharzt galt, der erste Landeskrüppelarzt. Bereits im Vorstand der Stiftungen tätig, übernahm K. 1922 als Oberarzt die orthopädische Klinik (Samariterhaus) der Pfeifferschen Anstalten in Magdeburg-Cracau und leitete die chirurgisch-orthopädische Abteilung bis zu seiner Pensionierung 1932. Er baute die orthopädische Klinik zur damals besteingerichteten aus und richtete seine Aufmerksamkeit auf die Heilbehandlung. K. hatte maßgeblichen Anteil daran, daß u. a. Kinder und Erwachsene getrennt, die Schul- und Berufsbildung der Kranken (z. B. mit Bettunterrichtsklassen, in orthopädischen Lehrwerkstätten) verbessert, die heiltechnischen orthopädischen Hilfsmittel in eigenen Werkstätten hergestellt und für arbeitsfähige Behinderte das größere Handwerkerheim geschaffen wurden. K. schlug damit eine neue Richtung der Fürsorge für körperbehinderte Menschen ein, die sich nicht mehr nur auf die Pflege beschränkte.

Literatur: August Borchard/Walter von Brunn (Hg.), Deutscher Chirurgenkalender, 1926; Jb. der Pfeifferschen Anstalten zu Magdeburg-Cracau, 1924–32; Martin Schellbach, Fs. zur 75-Jahrfeier der Pfeifferschen Stiftungen 1889–1964, 1964, 30 u.ö.; Fs. 10 Jahre Medizinische Akademie Magdeburg 1964, 92; Thomas Klemm, Grabstätten bedeutender Mediziner in Magdeburg, Diplom-Arbeit Magdeburg 1979 (B); Helmke Schierhorn/Thomas Klemm, Grabdenkmäler bedeutender Ärzte in Magdeburg, in: Magdeburger Blätter, 1984, 80–88.

Margrit Friedrich

letzte Änderung: 09.02.2005