Schellbach, Martin Helmut Karl, Dr. theol.
geb. 21.07.1908 Michelsdorf/Kreis Landshut,
gest. 15.10.1977 Magdeburg,
evangelischer Pfarrer,
Vorsteher der Pfeifferschen Stiftungen in Magdeburg.

Schon im Elternhaus lernte S. die Bedeutung christlicher Erziehung kennen. Sein Vater war als Erzieher und Diakon u. a. im Rauhen Haus in Hamburg tätig. Nach dem Besuch der Gymnasien in Rostock, Hamburg und Guben studierte er ab 1928 evangelische Theologie in Breslau und Halle. Der 1935 erworbene akademische Grad eines Lic. theol. wurde 1952 in den eines Dr. theol. umgewandelt. Seit 1934 war er als Prädikant und Hilfsprediger, 1936–39 als Pfarrer an St. Johannes in Halle und 1939–54 als Pfarrer an der Marktkirche in Halle tätig. Anfang 1943 als Panzergrenadier an die Ostfront eingezogen und nach einer Verwundung Ende 1944 aus dem Heeresdienst entlassen, zeichnete er 1945–50 für den Wiederaufbau des Tholuck-Konviktes in Halle verantwortlich. S. engagierte sich zudem im kirchlichen Pressewesen sowie in der Krankenhausseelsorge und im Grenzgebiet zwischen Theologie und Medizin 1954–73 wirkte er als erster Pfarrer und Vorsteher der Pfeifferschen Stiftungen und des Mutterhauses Bethanien in Magdeburg. S. übernahm dieses Amt zu einer Zeit, in der das Verhältnis von Staat und Kirche in der DDR sehr gespannt war. Nach der 1953 versuchten Enteignung des Stiftungswerkes durch staatliche Stellen galt es, die Diakonissen, die verunsicherten Mitarbeiter und Heimbewohner, die Krankenhauspatienten und nicht zuletzt auch andere Einrichtungen der Inneren Mission gegen ähnliche Übergriffe zu sichern. Eine innere, bewußtseinsmäßige Stabilisierung erreichte S. durch seine eindeutige theologische Stellung, durch vollmächtige Verkündigung in Gottesdiensten, Andachten, Rüstzeiten und Bibelwochen. Die rechtliche und verwaltungsmäßige Sicherung wurde durch Neugliederung und Klärung der Strukturen des Werkes, durch saubere Trennung der Evangelisch-Lutherischen Diakonissen- Anstalt mit Mutterhaus und Schwesternschaft von der Gesundheitseinrichtung mit allen dazugehörigen Arbeitsgebieten herbeigeführt. Durch geschickte Verhandlungen mit den Behörden, gute Kenntnis der Rechtslage und vorausschauende wirtschaftliche Entscheidungen erzielte S. stetige Erfolge beim Aufbau des zu 60 Prozent zerstörten Stiftungswerks und schuf Freiräume für dessen Arbeit. So konnten in der Einrichtung bedeutende Leistungen in Rehabilitation und Pflege, in Ausbildung und Therapie erbracht werden, auf die das staatliche Gesundheitswesen angewiesen war. Eine führende Stellung nahm S. im Kaiserswerther Verband, dem Zusammenschluß von über 70 deutschen Diakonissenhäusern, ein. Zu erwähnen ist ferner seine Einflußnahme und Leitungstätigkeit im Zusammenschluß der 23 DDR-Mutterhäuser. S. vertrat konsequent die Anliegen der gesamtdeutschen und ökumenischen Bewußtseinslage in Kirche und Diakonie. Seine Publikationen umfassen theologische Monographien, Aufsätze in Fachzeitschriften, Predigten sowie Arbeitsschriften für die Gemeinden.

Werke: Theologie und Philosophie bei von Hofmann, 1935; Paulus als Beter, 1938; Justus Jonas, 1941; Kampf und Sieg der Reformation in Halle, in: Fs. zur 400-Jahrfeier der Einführung der Reformation 1541–1941; Vater unser, 1950; Arzt und Seelsorger, 1951; Tholucks Predigt, 1956; Dienst und Geschichte der Pfeifferschen Stiftungen, 1964.

Archivalien: AKPS: Rep. A, Spec. P, Sch 742 (B).

Bildquelle: *Ingrid Schellbach-Kopra, München (privat).

Ingrid Schellbach-Kopra

letzte Änderung: 28.02.2005