Goedecke, Johannes
geb. 20.12.1898 Magdeburg,
gest. 06.03.1989 Magdeburg,
Oberingenieur, Chefkonstrukteur.

Der Sohn des Musikers Johannes August Albert G. besuchte in Magdeburg 1905–13 die 3. Volksknabenschule und bis 1915 die Kunstgewerbe- und Handwerkerschule. Eine 1914 begonnene Tischlerlehre verband er mit dem Besuch einer obligatorischen gewerblichen Fortbildungsschule, mußte erstere auf Grund der Einziehung des Lehrherrn zum Kriegsdienst vorzeitig abbrechen. Gleichzeitig nahm er an Fortbildungsveranstaltungen im Rahmen von Abend- und Sonntagskursen in Mathematik und Maschinenkunde an der Königlichen Vereinigten Maschinenbauschule Magdeburg teil. Es folgten 1915–18 eine Ausbildung zum Technischen Zeichner in der Maschinenfabrik Buckau R. Wolf AG und der Besuch der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule mit einer Ausbildung zum Techniker in Magdeburg. Otto Zimmermann förderte den begabten G. durch das Übertragen schwieriger, selbständig zu lösender Konstruktionsarbeiten im Baggerbau. 1928 übergab man ihm als selbständigem Konstrukteur die Projektierung und konstruktive Ausführung dieser Großgeräte. Seine Kreativität kam schon in dieser Zeit in seinen Patentanmeldungen zum Ausdruck. Bereits 1930 erhielt er für die Aufhängung der Eimerleiter mittels Kreuzseilen zur Aufnahme horizontaler Kräfte ein Patent, dem zahlreiche weitere folgten. Diese Anordnung zeichnete seitdem die Eimerkettenbagger der Maschinenfabrik Buckau R. Wolf A. G. Magdeburg aus. 1934 wurde er Gruppenführer und stellvertretender Chef der Projektierungs- und Entwicklungsabteilung Baggerbau. 1946 erfolgte seine Ernennung zum Oberingenieur und die Übernahme der Konstruktionsabteilung Baggerbau im SAG Maschinenbau AMO, Zweignieder- lassung in Deutschland, Magdeburg, mit einer der ersten Aufgaben, der Instandsetzung der Reichsbahn-Elb- Hubbrücke-Süd. Bereits 1948 entwickelte er Grabenbagger und 1949 Schreitbagger mit einem Schürfkübelinhalt von 3,4 m³, die in Serie gefertigt und als Reparationsleistungen in die Sowjetunion geliefert wurden. Unter seiner Leitung wurden unter den komplizierten Nachkriegsbedingungen bis 1953 auf Schienen verfahrbare Eimerkettenbagger mit einer Gesamtabtragshöhe von 50 m, einem Eimerinhalt von 1,6 m³ und solchen auf Raupenfahrwerken mit einem Eimerinhalt von 0,7 m³ und einem Dienstgewicht von 1.000 t entwickelt und gebaut. 1963 konzipierte er den Es 3150, ein Gerät mit einer Abtragshöhe im Hochschnitt von 24–30 m und im Tiefschnitt von 23–27 m, dessen Eimerinhalt bei 3,15 m³ lag, die Dienstmasse betrug 4.500 t und die Förderleistung geschüttet 12.000 m³/h. Diese Ausführung diente auch als Basisgerät für den Es 3750. Das Ministerium für Schwermaschinen- und Anlagenbau der DDR verlieh ihm den Titel eines Ingenieur für Baggerbau. Alle wesentlichen und bewährten Neukonstruktionen in diesem Bereich waren vom Ingenieurgeist G.s, der mit sehr viel Übersicht, Fleiß und Energie an jede Aufgabe heranging, durchdrungen. Er verstand es ebenfalls ausgezeichnet, das gesamte Kollektiv Baggerbau für diese anspruchsvollen Aufgaben zu motivieren, und hatte in seinem Stellvertreter Georg Hermann eine zuverlässige Stütze. G. war neben seiner verantwortungsvollen Tätigkeit nebenamtlich in der Kammer der Technik, Arbeitsausschuß Tagebaugeräte, im Rat der Fakultät für Grundlagenfächer der Hochschule für Schwermaschinenbau Magdeburg und im wissenschaftlichen Rat für Schwermaschinenbau tätig, leitete die Arbeitsgruppe Tagebaugeräte beim Forschungsrat der DDR und war Mitglied im wissenschaftlich-technischen Rat des Arbeitskreises Mechanisierung des Ministeriums für Kohle und Energie. Die Kreativität und das Schöpfertum des autodidaktisch gebildeten und parteilosen G. wurden mit den Auszeichnungen Verdienter Erfinder (1950), dem Nationalpreis III. Klasse für Wissenschaft und Technik (1953) und dem Vaterländischer Verdienstorden der DDR (1954) anerkannt. 1963 trat G. von der Leitung des Baggerbaus zurück und war noch bis 1966 als Berater im VEB Schwermaschinenbaukombinat “Georgi Dimitroff” Magdeburg aktiv.

Werke: ausgewählte Gerätetechnik: Eimerkettenbagger auf Raupenfahrwerk, schwenkbar, ERs 400, 710 (Ferropolis, Museum Gräfenhainichen); Eimerkettenbagger, schwenkbar, Es 1500, 1600, 3150, 3750 (Tagebau Welzow-Süd, Nochten, Jänschwalde). – Schriften: Kleinbagger für den Braunkohlentiefbau, in: Bergbautechnik 2, H. 1, 1952; Betrachtungen über die Verwendung von Umlaufrädergetrieben an Eimerkettenbaggern, in: Wissenschaftliche Zs. der Hochschule für Schwermaschinenbau Magdeburg 2, H. 3, 1958; Betrachtungen der Vorteile von Eimerkettenbaggern beim Einsatz in Tagebauen, in: Bergbautechnik 18, H. 1, 1968.

Literatur: 100 Jahre Buckau-Wolf, Die Geschichte unseres Hauses, 1938, 161f. 165, 168, 182f. 198, 206f. 234ff.; N. N. , Zum Nationalpreis vorgeschlagen. Oberingenieur J. G., Karl Liebknecht-Werk, in: Volksstimme Magdeburg, 1953; N. N. , Glückwünsche für Nationalpreisträger G., in: Volksstimme Magdeburg vom 10.10.1953; Heinz Glade, Magdeburger Tagebuch, 1957, 52–55; Materialsammlung Thomas Braun, Magdeburg (privat).

 Bildquelle: *ebd.

Werner Hohaus