Zimmermann, Otto Carl, Dr.-Ing. E. h.
geb. 22.12.1877 Frose/Anhalt,
gest. 20.10.1965 Ballenstedt,
Chefkonstrukteur, Oberingenieur, Direktor

T., Sohn des Maschineninspektors einer Braunkohlengrube Louis Z., besuchte bis 1891 das Gymnasium in Aschersleben. Nach dem frühen Tod seines Vater 1890 mußte er auf einen weiteren Schulbesuch verzichten. Er erlernte 1891– 94 das Schlosser- und Dreherhandwerk auf der Grube “Concordia” Nachterstedt und arbeitete anschließend als Dampfmaschinenmonteur bis 1899 in der Zeitzer Eisengießerei und Maschinenbau AG sowie bei der Ascherslebener Maschinenbau AG. Mit dem bis dahin Ersparten studierte er 1902–03 Maschinenbau an der Königlich-Sächsischen Maschinenbauschule in Chemnitz und begann 1903 als Konstrukteur in der Maschinenfabrik Buckau R. Wolf AG Magdeburg. Bereits in der Abteilung Dampfmaschinen fiel er nach kurzer Zeit durch eine Neuentwicklung einer Ventilsteuerung auf, die bis dato in den Brikettpressen verwendet wurde. Der erhöhte Bedarf an Braunkohle für die Industrie zur Jahrhundertwende und die Entwicklung des Verhältnisses von Kohle zu Abraum von 1 : 2 auf 1 : 4 bei der Braunkohlenförderung zwang zum Einsatz leistungsfähiger Abraumbagger. Ausgehend von der positiven wirtschaftlichen Lage des Unternehmens übertrug man dem jungen Z. die Entwicklung und den Bau der Eimerkettenbagger als neue Profillinie des Unternehmens. Z. erfaßte den technischen Stand und die Anforderungen und nahm bereits 1907 sein erstes Gerät für die Grube “Gewerkschaft Hürtherberg” in Betrieb. Mit diesem Gerät führte Z. bereits wesentliche Neuheiten ein wie die statisch bestimmte Dreipunktabstützung für Großgeräte zur Beibehaltung der Standsicherheit bei geringen Dienstmassen des Gerätes, einen mit der Eimerkettenleiter gekoppelten fahrbaren Ballast, Fahrwerksdrehgestelle mit Balancier zur gleichmäßigen Achslastverteilung und damit verbundener Senkung der Bodenpressung und einer Verbesserung der Kurvenfahrteignung sowie ein Portal mit Zugdoppeldurchfahrt, so daß der Leerzug während des Baggervorgangs bereits einfahren konnte. Mit viel Esprit und ingenieurtechnischem Geist ging Z. an die Lösung aller maschinen- und stahlbautechnischen Probleme dieser Großgeräte heran. Neben der Einführung von ingenieur- technischen Berechnungsverfahren bei der Dimensionierung besonders hoch beanspruchter Bauteile konstruierte er nachfolgend eine funktionssichere Überlastrollenkupplung, führte Untersuchungen zur Verbesserung des Gleichförmigkeitsgrades der Turasantriebe durch und meisterte eine instandsetzungsgerechte Konstruktion und den Austauschbau von Hauptbaugruppen an diesen Geräten. Dafür wurde er 1918 zum Oberingenieur und 1921 zum Konstruktionsdirektor des von ihm aufgebauten Bereiches ernannt. Bereits 1925 entwickelte er Großgeräte mit Raupenfahrwerken und öffnete die Perspektive zum gleislosen Tagebaubetrieb. Neben den Tagebaugroßgeräten machte er mit der Entwicklung und dem Bau eines Becherwerkes mit einer Förderhöhe von 84 m aufmerksam. Folgerichtig konzipierte Z. 1938 den größten Eimerkettenschwenkbagger der Welt, der in der Grube “Otto Scharf” der Riebeck’schen Montanwerke AG Halle zum Einsatz kam. Die Schnitthöhe (Tief- 27 und Hochschnitt 28 m) betrug 55 m. Mit einem Eimerinhalt von 1,5 m3 erbrachte dieses Gerät eine Tagesleistung von 44.000 m³, die Leistung des Eimerkettenantriebs betrug 2 ´ 650 KW und die Gesamtinstallationsleistung aller Antriebe lag bei 2.000 KW. Trotz einer Dienstmasse von 1.800 t betrug die spezifische Bodenbelastung nur 1,24 bar. Nicht nur in Deutschland und Europa, sondern bis Australien fand man Buckauer Geräte Z.scher Konstruktion, selbst Krupp- Rheinhausen baute auf erworbenen Konstruktionsunterlagen der Maschinenfabrik Buckau R. Wolf AG Magdeburg seinen Eimerkettenbaggerbau auf. Nach dem II. Weltkrieg war Z. als beratender Ingenieur für die Braunkohlenindustrie tätig, übergab 1946 die Leitung des Baggerbaus in Magdeburg-Buckau an seinen Stellvertreter Johannes Goedecke und führte als Hauptkonstrukteur das neue Werk ABUS Förderanlagenbau Köthen mit aus. Bis zu seinem Ausscheiden nahm er die Umkonstruktion von älteren Geräten mit dem Ziel der Leistungssteigerung vor und begann mit 75 Jahren neue Großgeräte, insbesondere Absetzer, zu entwickeln. Z. besaß bis 1945 etwa 24 Patente und pflegte mit den Professoren Enno Heidebroek und Kurt Beyer der Technischen Hochschule Dresden eine enge Zusammenarbeit bei der Mitarbeit an Buchprojekten sowie der Erstellung von Berechnungsverfahren für Großgeräte. Bis 1953 meldete er wiederum mehrere Patente an, wurde als Aktivist des ersten Fünfjahrplanes der DDR ausgezeichnet, erhielt 1955 die Ehrendoktorwürde der Technischen Hochschule Dresden und wurde 1958 Ehrensenator der Hochschule für Schwermaschinenbau Magdeburg. Z. wirkte u. a. im Deutschen Braunkohlenindustrie-Verein mit und war ein hoch geschätzter, anerkannter Fachmann, ein Pionier des Baus von förder- technischen Großgeräten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts

Werke: Großgeräte: Eimerkettenbagger auf Raupenfahrwerk, schwenkbar, ERs 400, 1941; Zweiteiliger Absetzer auf Schienenfahrwerk, schwenkbar, Ass, 2240, 1957 (jeweils Ferropolis, Gräfenhainichen). Schriften: Enno Heidebroek (Hg.), Fördertechnik für Massengüter, Bd. 1, 1952, 6–65.

Literatur: 100 Jahre Buckau-Wolf, Die Geschichte unseres Hauses, 1938, 161f., 165, 168, 182f., 198, 206f., 234ff.; Franz Kienast, Ehrenpromotion von Ing. O. Z., Köthen, durch die Fakultät für Maschinenwesen der Technischen Hochschule Dresden am 23.11.1955, in: Wissenschaftliche Zs. der Technischen Hochschule Dresden 5, H. 2, 1955/56, 281ff.; N. N., Ehrenpromotion für O. Z., in: Zs. Bergbautechnik 6, H. 3, 1956, 167f.; N. N., Ruhm und Ehre unseren Aktivisten, in: Freiheit-Köthen vom 30.04.1953; N. N., Dr.-Ing. E.h. O. Z. Ehrensenator der Hochschule für Schwermaschinenbau, in: Zs. der Hochschule für Schwermaschinenbau Magdeburg, 1958; Archiv Technische Universität Dresden: Fakultät für Maschinenwesen, Nr. 234.

Bildquelle: *Archiv Technische Universität Dresden.

Werner Hohaus

letzte Änderung: 13.09.2004