Delbrück, Johann Friedrich
Ferdinand, Prof. Dr. phil., Dr.
theol. h.c. |
Der zweite Sohn des Ratmannes Friedrich Heinrich D. folgte nach dem Besuch der Domschule in Magdeburg (1780–90) dem Weg seines älteren Bruders Friedrich D. und belegte ab Ostern 1790 vornehmlich bei Friedrich August Wolf philosophische und philologische Seminare an der Universität Halle. Durch Empfehlung seines Magdeburger Lehrers und Förderers Gottfried Benedict Funk trat D. im Mai 1794 eine Stelle als Erzieher bei Friedrich Leopold Graf zu Stolberg in Eutin an, die er wegen religiöser Differenzen wenig später aufgab. Er wechselte als Hauslehrer eines begüterten Kaufmanns nach Hamburg und lernte dort Klopstock kennen. Im Herbst 1796 kehrte D. nach Magdeburg zurück, setzte seine Studien privat fort – seine erste größere Publikation “Ueber die Humanität” erschien 1796 bei Georg Christian Keil in Leipzig – und arbeitete seine Dissertation aus, mit der er 1797 in Halle promoviert wurde. Anfang 1797 ging D. nach Berlin, trat in das Lehrer-Seminar Friedrich Gedikes ein, erhielt im Herbst 1797 eine Stelle als außerordentlicher Kollaborator am Gymnasium zum Grauen Kloster, an dem er seit 1802 als außerordentlicher Professor unterrichtete. In Berlin verkehrte D. nicht nur mit dem Kreis führender Aufklärer und war Mitarbeiter der Allgemeinen Litteratur-Zeitung und der Jenaischen Allgemeinen Litteratur-Zeitung, sondern trat, nachdem sein Bruder Friedrich 1800 Erzieher des Kronprinzen geworden war, auch den Hofkreisen näher. 1809 folgte er der königlichen Familie nach Königsberg. Als Regierungs- und Schulrat war er dort wesentlich an der Neuordnung des höheren Schulwesens in Ostpreußen beteiligt. Wilhelm von Humboldt übertrug ihm zudem eine außerordentliche Professur an der Universität Königsberg, an der er über “Theorie, Kritik und Litteratur der schönen Künste” las. Aus gesundheitlichen Gründen wurde er Anfang 1816 als Regierungs- und Schulrat nach Düsseldorf versetzt, erhielt aber Mitte 1818 einen Ruf als Professor für “Schöne Literatur” und Philosophie an die neugegründete Universität in Bonn, an der er bis zu seinem Tode tätig war. 1847 wurde ihm die theologische Ehrendoktorwürde der Universität Bonn verliehen. Den philosophischen Anschauungen Friedrich Heinrich Jacobis nahestehend, vertrat D. ein religiöses Denken aus freier, individueller Herzensbestimmung, mit dem er sich gegen die zeitgenössische einseitige Schätzung Melanchthons und Schleiermachers wandte und eine zwischen Protestanten und Katholiken vermittelnde und ausgleichende Position vertrat. Zu den herausragenden Zeugnissen von D.s ästhetisch-pädagogischen Bemühungen, in denen er weitgehend von Kant und Schiller geprägt war, zählen u. a. eine in ihrer Art singuläre Ausgabe der Oden Klopstocks mit “Grundsätzen der Erklärung und des Vortrags lyrischer Gedichte” sowie seine an der Idealität der griechischen Antike ausgerichteten, vielfältig publizierten Gedanken zur Dichtkunst, die ihm die Wertschätzung Goethes eintrugen. D. blieb zeitlebens eng mit der Stadt Magdeburg verbunden und widmete ihr ein literarisches Andenken (“Magdeburg. Eine Rede zur Beehrung seiner Vaterstadt”, 1823).
Werke: Homeri religionis quae ad bene beateque vivendum heroicis temporibus fuerit vis, Diss. Halle 1797; Ein Gastmahl. Reden und Gespräche über die Dichtkunst, 1809; Christenthum. Betrachtungen und Untersuchungen (3 Bde), 1822–1827; Reden. Nach der Zeitfolge gesammelt, aus den Jahren 1807–30 (2 Bde), 1831; Ergebnisse akademischer Forschungen (Aphorismen), 1843.
Literatur: ADB 5, 36f.; Neuer Nekr 26, 1850; Alfred Nicolovius, F. D., ein Lebensumriß, 1848 (*B).
Guido Heinrich