Ahrbeck,
Hans, Prof.
Dr. phil. |
A. entstammte einer Apothekerfamilie. Nach dem Besuch des humanistischen Gymnasiums in Hannover studierte er ab 1910 in Leipzig, Gießen und Göttingen Germanistik, Geschichte, evangelische Theologie und Philosophie. Die Kriegsteilnahme 1914–18 als Artillerist und Offizier an der Westfront unterbrach sein Studium, das er von 1919 bis 1920 weiterführte. Nach dem Staatsexamen arbeitete er 1920–21 als Studienreferendar in Magdeburg an der Bismarckschule, dann 1921– 25 als Studienassessor am privaten Rosenthal-Lyzeum und schließlich 1926–29 als Studienrat an der Lessingschule. 1926 promovierte er in Göttingen mit einer literaturhistorischen Arbeit über Wilhelm Raabe. Das Interesse für diesen Schriftsteller spielte auch bei A.s erster Heirat eine Rolle. Er ehelichte 1915 eine Tochter Edmund Sträters, Elisabeth S. (1891–1961), die Patenkind von Raabe war. Über die Familie seines Schwiegervaters kam A. mit den schulreformerischen Ideen Berthold Ottos in Kontakt und führte auch selbst Gesamtunterricht im Sinne Ottos durch. 1929 erhielt A. eine Berufung zunächst als Dozent, ab Juli 1930 als Professor an die Pädagogische Akademie in Breslau und ab 1932 an die Pädagogische Akademie Halle. Ab 1933 war A. wieder Studienrat in Magdeburg, zunächst kurze Zeit an der Berthold-Otto-Schule, dann an der Luisenschule und ab 1935 an der Wilhelm-Raabe-Schule, einem städtischen Real- und Reformgymnasium. Ab 1937 arbeitete er zunächst nebenamtlich und wahrscheinlich ab 1941 hauptamtlich am Studienseminar in Magdeburg. Seine Gegnerschaft zum Hitlerregime – er weigerte sich ausdrücklich, der NSDAP beizutreten, war Mitglied der Bekennenden Kirche (BK), und in seinem Haus fanden illegale Versammlungen von Pfarrern der BK statt; darüber hinaus hielt er Kontakt zu Martin Schwantes, auch nachdem dieser bereits zum ersten Mal im Konzentrationslager war – führten zur Überwachung durch die Gestapo. Der Unterstützung eines Oberschulrates im Provinzialschulkollegium verdankte er es, daß er weiter beruflich tätig sein konnte. Nach dem Ende des II. Weltkrieges wurde A. zum Oberschulrat beim Oberpräsidium der vormaligen preußischen Provinz Sachsen in Magdeburg berufen. Er richtete am 01.10.1945 den ersten Neulehrerkurs am Kloster Unser Lieben Frauen in Magdeburg ein, leitete ihn und hielt dort Vorlesungen. Ostern 1946 erfolgte seine Berufung als ordentlicher Professor für Geschichte der Pädagogik an die neuerrichtete Pädagogische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle. Dort war er mit kurzen Unterbrechungen bis 1955 Dekan der Pädagogischen Fakultät und bis 1958 Direktor des Instituts für Pädagogik und fungierte zugleich in der Nachfolge Peter Petersens als Direktor der Franckeschen Stiftungen in Halle. In dieser Zeit widmete sich A. vorwiegend historisch-pädagogischen Forschungen, als deren Ergebnis zahlreiche Publikationen erschienen. A. war 1955 Mitbegründer und bis zu seinem Tode Mitglied der Kommission für deutsche Erziehungs- und Schulgeschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften (seit 1970 Akademie der Pädagogischen Wissenschaften der DDR) in Berlin und übte zugleich weitere hochrangige Funktionen, u. a. als Wissenschaftlicher Beirat für Pädagogik beim Staatssekretariat für das Hoch- und Fachschulwesen, aus. Er war Mitherausgeber der Gesamtausgabe der Werke Friedrich Adolph Wilhelm Diesterwegs, des Jahrbuches für Erziehungs- und Schulgeschichte und der Monumenta Paedagogica.
Werke: Über die Erziehungs- und Unterrichtsreform A. H. Franckes und ihre Grundlagen, in: 450 Jahre Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Bd. 2, 1952, 77–93; Melanchthon als Praeceptor Germaniae, in: Philipp Melanchthon. Forschungsbeiträge zur 400. Wiederkehr seines Todestages, 1960, 133–148.
Nachlaß: Archiv der ehemaligen Akademie der Pädagogischen Wissenschaften der DDR, Berlin.
Literatur: Wer war wer DDR, 17f.; Karl-Heinz Günther, Über H. A. – ein Beitrag zur Biographie des Dekans der Pädagogischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, in: Pädagogik 23, H. 3, 1988, 241–253 (W); Reinhard Golz, Ein beliebter Lehrer und aufrechter Demokrat, in: Volksstimme Magdeburg vom 18.05.1990, Beilage, 2; Jürgen Gebhardt/Karl-Heinz Günther/Dora Melzer, H. A. (1890–1981). Lehrer, Hochschullehrer, Lehrerbildner, Pädagogischer Wissenschaftler, in: Jb. für Erziehungs- und Schulgeschichte 30, 1990, 87–96; Reinhard Bergner, Die Berthold-Otto-Schulen in Magdeburg, 1999.
Bildquelle: *Wolfgang Mayrhofer, Magdeburg (privat).
Wolfgang Mayrhofer
letzte Änderung: 02.09.04