Schultheiß, Heinrich Wilhelm, Dr. med.
geb. 31.10.1810 Magdeburg,
gest. 12.11.1876 Wolmirstedt,
Arzt, Sanitätsrat, Heimatforscher.

Der Sohn eines Lohgerbermeisters absolvierte das Pädagogium des Klosters Unser Lieben Frauen in Magdeburg und erwarb 1832 das Reifezeugnis. Während seines anschließenden Medizin-Studiums in Halle sympathisierte er mit den freiheitlich-nationalen Bestrebungen burschenschaftlicher Vereinigungen und schloß sich ihnen an. Als 1833 Untersuchungen gegen die Burschenschaften begannen, siedelte er nach Greifswald über, wurde 1834 dennoch verhaftet und – nach einem Jahr Untersuchungshaft auf der Hausvoigtei – zu lebenslängliche Festungsstrafe verurteilt. Die später auf zehn Jahre reduzierte Strafe verbüßte er ab 1835 auf der Festung Silberberg in Schlesien, kam jedoch durch eine Amnestie König Friedrich Wilhelm IV. nach fünf Jahren frei. Um die verlorene Studienzeit aufzuholen, besuchte S. unter August Andreae die Medizinisch-chirurgische Lehranstalt in Magdeburg, setzte anschließend sein Studium in Halle fort und promovierte dort 1844 über “Duo tumorum nasalium casus”. Ein Jahr später ließ sich S. als praktischer Arzt in Wolmirstedt nieder, wo er zunächst den Arzt Dr. Wiedemann vertrat und nach dessen Tod seine Praxis übernahm. 1848 wurde er Mitglied der Medizinischen Gesellschaft zu Magdeburg. Im Laufe seiner Tätigkeit als Landarzt trug S. eine umfangreiche vorgeschichtlich Sammlungen zusammen, die als größte im damaligen Herzogtum Magdeburg galt. S. rettete einen großen Teil der durch die Torfstiche in Meseberg und Samswegen zutage geförderten vorgeschichtliche Funde vor der Vernichtung oder Verschleppung. Er sammelte bereits nach wissenschaftlichen Grundsätzen, indem er die Fundplätze erfaßte und nähere Angaben zum Objekt registrierte. Vom Rheumatismus fast gelähmt, brachte S. seine letzten Lebensjahre in Wolmirstedt damit zu, seine Sammlung zu sichten und zu überarbeiten. Als Ergebnis erschien 1875 seine “Kurze Übersicht und Nachricht der in der Wolmirstedter Gegend gefundenen Alterthümer”. Die Veröffentlichung enthält elf große Tafeln mit der Abbildung aller Funde sowie eine umfangreiche Geländebeschreibung unter Berücksichtigung der damals vorhandenen vorgeschichtlichen und geschichtlichen Denkmale. S. war seit seiner Gründung 1866 aktives Mitglied des Vereins für die Geschichte und Alterthumskunde des Herzogtums und Erzstiftes Magdeburg.

Werke: Ueber Steingeräthe und deren Herstellung, in: GeschBll 7, 1872, 224–230; Der Burgwall bei Elbey, in: ebd. 7, 1872, 525f.

Nachlaß: Landesmuseum Halle.

Literatur: August Franz Winter, Sanitätsrat Dr. H. W. S., in: GeschBll 11, 1876, 464–466; Fs. 50 Jahre Medizinische Gesellschaft zu Magdeburg, 1878; Hans Dunker, S., H. W., Ms. o. J. (Museum Wolmirstedt).

Bildquelle: *Museum Wolmirstedt.

Anette Pilz

letzte Änderung: 01.03.2005