Knabe, Charlotte
Helene Frieda, Dr. phil. |
K. studierte 1929–35 Geschichte, Germanistik, Kunstgeschichte und Latein in Jena, Marburg und Berlin und promovierte 1935 bei Albert Brackmann über “Die Gelasianische Zweigewaltentheorie bis zum Ende des Investiturstreites”. 1936/37 absolvierte sie das Studium am Institut für Archivwissenschaften und geschichtswissenschaftliche Fortbildung am Preußiscchen Geheimen Staatsarchiv in Berlin-Dahlem. Nach Ordnungsarbeiten in den Stadtarchiven Tangermünde, Gröningen, Loburg und Osterwieck übernahm sie zum Oktober 1938 die Archivberatungsstelle der Provinz Sachsen beim Staatsarchiv Magdeburg, von 1944 bis 1948 als deren Leiterin. Von Januar 1946 bis April 1948 war sie kommissarische Leiterin des Landesarchivs Sachsen-Anhalt in Magdeburg. Von Februar 1949 bis Ende Juni 1949 oblag ihr die fachliche Leitung beim Neuaufbau der Abteilung Merseburg des Deutschen Zentralarchivs Potsdam, anschließend war sie dessen stellvertretende Direktorin. 1950–53 nahm sie einen Lehrauftrag für Historische Hilfswissenschaften am Institut für Archivwissenschaften und an der Pädagogischen Hochschule in Potsdam wahr. Von 1953 bis Anfang 1967 war sie Mitarbeiterin der Leibniz-Ausgabe an der Akademie der Wissenschaften in Berlin. K. erwarb sich bleibende Verdienste um die Erhaltung des nichtstaatlichen Archivgutes, insbesondere der Kreis-, Stadt- und Dorfarchive, und den Aufbau eines Netzes ehrenamtlicher Archivpfleger, die Schutzmaßnahmen für Archive und einzelne Archivalien im II. Weltkrieg und die Vorbereitung der Herausgabe weiterer “Inventare nichtstaatlicher Archive” der Provinz Sachsen. Als kommissarische Leiterin des Landesarchivs Sachsen-Anhalt erwirkte sie in dem gesellschaftlichen Umbruch 1945 von der Sowjetische Militär-Administration Deutschlands (SMAD) die frühe Rückführung der vorwiegend in den Salzschächten von Bernburg, Schönebeck und Staßfurt kriegsbedingt ausgelagerten Bestände in das Magdeburger Archiv bzw. in das Schloß Oranienbaum. Ihre Fürsorge galt gleichzeitig den Archivalienübernahmen aufgelöster Behörden und Gerichte in der ehemaligen Provinz Sachsen und im Land Anhalt (Hanns Gringmuth-Dallmer). Dank von der Archivberatungstelle geführter Nachweise und fruchtbarer Kooperation mit dem “Konservator der Denkmale des Landes Sachsen-Anhalt” konnten die Gutsarchive, z. T. Zeugnisse einer Jahrhunderte alten Kultur adeliger Familien, nach den Enteignungen durch die Bodenreform relativ zahlreich geborgen werden (Berent Schwineköper). Als kommissarische Vorsitzende der Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt bemühte sie sich vor allem um finanzielle Mittel, um unvollendete wissenschaftliche Vorhaben zum Abschluß zu bringen und durch ihre Publikation die traditionsreiche Schriftenreihe der Historischen Kommission fortzusetzen (Walter Möllenberg). In der Abteilung Merseburg des Deutschen Zentralarchivs Potsdam leistete K. unersetzliche Dienste bei der Rückführung und Ordnung der im Gebiet des Landes Sachsen-Anhalt im II. Weltkrieg ausgelagerten Teile des Reichsarchivs, des Preußischen Geheimen Staatsarchivs und des Brandenburg-Preußischen Hausarchivs. K. hat in schwieriger Kriegs- und Nachkriegszeit mit großer Kompetenz und uneigennützigem Engagement entscheidend zur Sicherung und Ordnung der archivalischen Quellen beigetragen.
Werke: Die Archivpflegeorganisation in der Provinz Sachsen, in: Sachsen und Anhalt 16, 1939, 408–417; Die Arbeit der Archivberatungsstelle der Provinz Sachsen, in: Die Provinz Sachsen 13, H. 9, 1943, 56f.; Die Neuordnung der Bestände des ehemaligen Reichsarchivs am Deutschen Zentralarchiv Potsdam, in: Archivmiteilungen 2, 1952, 43ff.
Literatur: Josef Hartmann, Zum Gedenken an Dr. C. K., in: Archivmitteilungen 41, 1991, 298 und in: Sachsen und Anhalt 18, 1994, 607–611; Frank Boblenz, C. H. F. K. (1907–1991). Archivarin in der Archivberatungsstelle der Provinz Sachsen 1938–1948, zugleich Leiterin der Archivberatungsstelle 1944–1948, in: Lebensbilder Thüringer Archivare, hg. vom Vorstand des Thüringer Archivarsverbandes, 2001, 126–132.
Archivalien: LHASA: Rep. C 22 Nr. 376 (PA), dazu Rep. C 96 II Nr. 45; Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften: IIIa, Reg. 30 (PA).
Bildquelle: LHASA.
Josef Hartmann
letzte Änderung: 09.02.2005